Nachruf auf Dagobert Lindlau:Ein Weltreporter

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Dagobert Lindlau war von 1969 bis 1992 Chefreporter für das Bayerische Fernsehen; im Ersten moderierte er unter anderem die Sendung Weltspiegel. (Foto: Stefanie Preuin)
  • Dagobert Lindlau war einer der großen, bekannten Reporter, die das deutsche Fernsehen prägten.
  • Er berichtete über Krisen, Kriege und die Mafia. Unbequem war er vielen, auch und gerade in seinem Sender, dem Bayerischen Rundfunk.
  • Nun ist Lindlau im Alter von 88 Jahren verstorben.

Von Kurt Kister

Noch Ende August tat der 88-jährige Dagobert Lindlau das, was viele Journalisten ihr Leben lang tun: Er führte ein Recherchegespräch. Diesmal war Lindlau selbst Gegenstand der Recherche; ein SZ-Reporter besuchte ihn in Vaterstetten bei München, um mit ihm für das SZ-Investigativprojekt Implant Files über einen Defibrillator zu sprechen, den sich Lindlau erst implantieren und dann wieder entfernen ließ.

Am Freitag ist Lindlau daheim gestorben. Dagobert Lindlau, am 11. Oktober 1930 in München geboren, war einer der großen, bekannten Reporter, die das Fernsehen prägten, vor allem solange "das" Fernsehen noch aus ARD und ZDF bestand. Seit 1954 war Lindlau beim Fernsehen, seit 1969 war er Chefreporter des Bayerischen Rundfunks. Er gehörte zu den Gründervätern des Magazins Report München; die Älteren kennen ihn auch als langjährigen Moderator des Weltspiegels. Lindlau berichtete über Krisen und Kriege; intensiv aber widmete er sich dem organisierten Verbrechen italienischer und anderer Art. Seine Mafia-Filme und Bücher erregten große Aufmerksamkeit; deswegen fühlte er sich durchaus auch bedroht - und war wohl auch wirklich gefährdet.

Er gehörte zu einer selbstbewussten Reporterriege

Lindlau teilte das Schicksal der jungen Kriegsgeneration. Als 14-Jähriger erlitt er beim Bombenangriff auf München schwere Brandverletzungen; fast drei Jahre lang verbrachte er in Kliniken. Als er halbwegs wiederhergestellt war, begann er beim Würmtal-Boten, einer Zeitung in München-Pasing.

Das Würmtal ließ Lindlau bald hinter sich. Er gehörte zu jener selbstbewussten, manchmal polternden Reporterriege, zu der auch Leute wie Peter Scholl-Latour zählten. Politisch war Lindlau eher ein Willy-Brandt-Linker, hin und wieder vertrat er allerdings auch rechte Positionen. Unbequem war er vielen, auch und gerade in seinem Sender. Wenn ihn jemand einordnen wollte, tat er gerne auch mal das Gegenteil dessen, was zu der Einordnung geführt hatte.

Journalisten wie Lindlau gibt es heute nicht mehr, zumal nicht im sehr regulierten öffentlich-rechtlichen TV. Vielleicht sagte er auch deswegen vor ein paar Jahren im Interview fröhlich-resignativ: "Ich würde nicht mehr Reporter werden wollen."

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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