BBC: Der neue iPlayer:Blauwale auf dem Handy

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Die BBC exportiert ihre Online-Mediathek, den iPlayer, nach Europa und demnächst in die USA. Wie das Produkt funktioniert, wie umfangreich das Angebot ist und wer am Ende wirklich damit Geld verdient.

Helmut-Martin Jung

Majestätisch ragt die Schwanzflosse des Blauwals zu dramatischer Orchestermusik aus dem Meer, und die Stimme des Sprechers erklärt, manche Adern des Blauwals seien so gewaltig, "dass man hindurchkriechen könnte".

Ob der berühmte Naturfilmer David Attenborough das größte Tier der Erde durch die Kamera beobachtet hat oder winzige Insekten: Seine Dokumentationen sind spektakulär, sie sind ein Markenzeichen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Großbritannien, der BBC.

Schon seit Jahren kann man in England BBC-Programm - Filme wie die von Attenborough, Fiktionales oder Shows - auf mobilen Geräten wie dem iPhone ansehen. Man braucht dafür eine Software, den iPlayer.

Nun ist das Angebot auch in Deutschland verfügbar. Mit einer Abonnementstrategie will die BBC erstmals Kunden über das Internet direkt ansprechen, die nicht in England leben. "Wir starten mit einem Pilotversuch in elf europäischen Ländern", sagt Jana Bennett. Bennett ist bei der BBC für das Projekt verantwortlich. "Wir wollen sehen, wie das Publikum den iPlayer annimmt."

Während der auf zwölf Monate angelegten Pilotphase soll der iPlayer auch in Nordamerika und Australien angeboten werden. "Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Fernsehen ist riesig", behauptet Bennett. Wie viel Geld in das Projekt geflossen ist, will die frühere Fernsehchefin der staatlichen Rundfunkanstalt nicht sagen - nur, dass sich die Investition vermutlich erst in Jahren auszahlen werde.

Partner der BBC - der Name iPlayer macht es kenntlich - ist Apple. 30 Prozent des Gewinns muss die BBC an Apple abführen, das Unternehmen aus Kalifornien behandelt da alle gleich. Man kalkuliere trotzdem, sagt Jana Bennett, dass das Internetgeschäft irgendwann ein funktionierendes Erlösmodell werde.

Was Abonnenten des kontinentaleuropäischen iPlayers zu sehen bekommen, unterscheidet sich stark von der britischen Variante, die bekanntlich aus Steuern, also aus öffentlichen Mitteln, bezahlt wird. In Großbritannien dient der iPlayer eher dazu, sich verpasste Sendungen (oder Programme überhaupt) zeitunabhängig anzuschauen. Darin ist er den Mediatheken von ARD und ZDF sehr ähnlich. Die internationale iPlayer-Version ist deutlich zeitloser. Serien wie Fawlty Towers oder Dr. Who aus den sechziger und siebziger Jahren sind ebenso eingestellt wie Dokus, von denen viele allerdings schon im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden.

Auch für Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien und die Schweiz hat die BBC jetzt iPlayer eingestellt. Je nach Land variiert das Angebot, abhängig davon, welche Rechtevereinbarungen es gibt. Was man wo bekommt, wird durch den Ort bestimmt, von dem aus sich ein Nutzer ins Internet wählt. Es kann also sein, dass sich der iPlayer beim Urlaub in Portugal weigert, eine bestimmte Sendung herunterzuladen. Die Bezahlung wird - wie üblich - über den Online-Store von Apple abgewickelt. Die Kunden müssen sich dort anmelden und ihre Kreditkarteninformationen hinterlegen. Das Abo wird dann innerhalb der App abgeschlossen, die man sich kostenlos im App-Store von Apple herunterladen kann. Die App enthält einige frei verfügbare Programme, die über den iPlayer und seine Inhalte informieren. Das Monatsabo kostet 6,99 Euro, für ein Jahr werden 49,99 Euro verlangt.

Filme erscheinen in einer Auflösung, die für das iPad zwar ausreicht, die die mögliche Qualität der Darstellung aber nicht ausreizt - vor allem dann nicht, wenn man das iPad an einen großformatiges Bildschirm anschließt. Das ist zum einen den Kosten geschuldet, die bei der Datenübertragung im Internet entstehen. Zum anderen sinkt die Gefahr, dass das Video abbricht, wenn weniger Daten übertragen werden. Wer eine langsame Internetleitung zur Verfügung hat, wird sich die Filme erst ganz auf das Gerät laden. So kann man sie dann auch dort ansehen, wo keine Internetverbindung besteht. Nutzen darf man Filme so lange, bis das Abonnement abgelaufen ist.

Das ist nicht selbstverständlich. Ein bei Apple (iTunes Store) ausgeliehener Film ist nur für 30 Tage verfügbar. Hat man begonnen, ihn anzuschauen, bleiben noch 48 Stunden. Danach wird er gelöscht. Kann oder soll der iPlayer auch Videoportalen wie Netflix oder Hulu, die in den USA etabliert sind, Konkurrenz machen? Man wolle, erklärt BBC-Managerin Bennett, "die Chance nicht verpassen, eine neue Einnahmequelle zu erschließen". Das schließt Erfolg nicht aus. Und davon wäre auch die Konkurrenz betroffen.

© SZ vom 03.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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