ARD-Mittwochsfilm:Shalömchen

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"Schönes Schlamassel": Eine angestrengt witzige Komödie über einen Mann, der sich als Jude ausgibt, um eine Frau zu erobern, die auf jüdische Männer steht.

Von Harald Hordych

"Jüdischer Humor" - das sind wohl die beiden Wörter, die am häufigsten in Schönes Schlamassel verwendet werden. Deshalb sei erlaubt, einen jüdischen Witz zu erzählen, der in seiner pointierten Abgründigkeit diesem Film erspart bleibt: Schnauzt beim morgendlichen Antreten ein KZ-Wärter einen jüdischen Gefangenen an: "Jud, sag' mir auf der Stelle: Welches ist mein Glasauge?" "Jawohl, Herr SS!", antwortet der Jude, "das rechte Auge ist aus Glas!" "Woher willst du das wissen?", brüllt der KZ-Wärter wütend. Antwortet der Jude: "Es schaut mich so menschlich an."

Ein solcher Klassiker zeigt, wie viel Bitterkeit, Gewitztheit und böse Schärfe in diesem Humor steckt. Womit bereits die Frage geklärt ist, warum Schönes Schlamassel sicherlich ein gut gemeintes Projekt ist. Warum dieser im Münchner Stadtteil Haidhausen spielende BR-Film aber leider nicht die Kurve bekommt, in die er sich mit viel Anspruch geworfen hat: Er will in einer Zeit, in der der Antisemitismus erschreckenden Zulauf erhalten hat, ein ernstes Thema mit einer vorbildlich guten Haltung und witzigen Sprüchen zu einer flotten Komödie mit Slapstick-Einlagen verbinden, in der betont flapsig und etwas angestrengt auch über sexuelle Dinge gesprochen wird. Und diese anspruchsvolle Melange gelingt Regisseur Wolfgang Murnberger, der mit Peter Probst auch das Drehbuch geschrieben hat, nicht. Es fehlt an Humor, der über tough gemeinten Wortwitz hinausgeht. Beispiel: "Das ist das Glück der leeren Hoden."

Buchhändlerin Anne Braun (Verena Altenberger) hat sich auf jüdische Literatur spezialisiert und einen ausgewachsenen Juden-Fimmel. Sie steht auf jüdische Männer genauso wie auf jüdisches Essen und natürlich: jüdischen Humor. Als sie den jüdischen Arzt Tobias Feinstein (Lasse Myhr) in der Notaufnahme kennenlernt, ist es gleich um sie geschehen. Weil aber der Arzt ihre Freundin Laura (trifft den schnoddrigen Ton am besten: Lisa Wagner) viel ansprechender findet, kommt es zu einem Treffen, das aus Gründen geschickter Geschlechterbalance mit einem zweiten Mann angereichert werden muss. Das ist der Freund Feinsteins, der kein Jude ist, sich aber dann im Klub "Shalom" als solcher ausgibt, als er merkt, Anne Braun damit für sich gewinnen zu können. Die Liebe nimmt also ihren Lauf, und nun muss der spröde Daniel (Maxim Mehmet) mit den Folgen dieser Hochstapelei leben. Was für ein Schlamassel.

Das ist eigentlich ein feiner Komödienstoff, aber die Fallhöhe, die es braucht, um den Gynäkologen Daniel in die Verzweifelung zu treiben - und damit in die Hölle trefflicher Situationskomik - erreicht der Film oft nicht. Vielleicht weil er immerzu kenntlich machen muss, dass es sich hierbei ja um eine Komödie handelt und im Grunde alles halb so wild ist. Das fängt an mit albernen Stolpereinlagen und Namen wie ausgerechnet die Nazifarbe Braun für die Buchhändlerin, geht weiter mit dem schwer schwerhörigen Vater von Anne Braun, dessen Familie mit den Möbeln fliehender Juden ein gutes Geschäft gemacht hat (der Grund für Annes Judenkomplex), und endet mit einer lustig klimpernden Fahrstuhlmusik, die alle Sex- und Liebesszenen unterlegt. So vergisst man nie: Achtung, Komödie, und zwar eine, die am Ende auch noch sehr unkomisch melodramatisch wird.

Schönes Schlamassel , Das Erste, 20.15 Uhr.

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