Familientrio:Böse Worte gegen die Babysitterin

Die Frage, die unsere Experten diesmal beschäftigt: Was tun, wenn die Tochter das Kindermädchen beschimpft?

Die Leserfrage

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(Foto: Patrick Fore/Unsplash)

Unsere Tochter, 4, beschimpft die neue Babysitterin. Sie sagt: "Du bist ein Arschloch" und "Du bist alt und stirbst bald", so hat es mir die Babysitterin erzählt. Auf Nachfrage erklärt meine Tochter, sie möge die Frau nicht. Aber wenn wir kommen, spielen sie friedlich. Sollen wir einen anderen Babysitter suchen? Unser Kind soll sich wohlfühlen, aber es soll nicht denken, dass so ein Verhalten Erfolg hat. S. Rademacher, Berlin (Symbolbild) Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

Kirsten Fuchs

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(Foto: Stefanie Fiebrig)

"Arschloch" zu jemandem zu sagen, geht nicht, die Babysitterin nicht mögen geht schon. Also können Sie das eine schon mal klar ansagen, denn das ist unabhängig davon, ob die Babysitterin was taugt oder nicht. Davon abgesehen entscheiden Sie, ob Sie die Babysitterin behalten oder nicht - und nicht Ihr Kind. Da können Sie sich auf Ihren Instinkt verlassen. Spricht etwas gegen die Frau oder nicht? Wenn auch Sie ein komisches Gefühl haben, dann könnten Sie erst mal mit ihr reden und dann vielleicht jemand anderen suchen. Außerdem kennen Sie Ihr Kind: Warum sagt es so etwas? Bei Vierjährigen kann man ja viel machen, was zu Ärger führt: Das Brot falsch durchschneiden, den Kakao umrühren, das Pferd falsch wiehern lassen, keine drei Eis erlauben ... Lässt die Frau Ihrer Tochter also nicht alles durchgehen (das wäre ja okay)? Oder ist sie wirklich unsensibel oder unachtsam mit dem Kind? Was tut die Frau eigentlich daraufhin? Das würde ich alles abwägen. Wenn sie kompetent und nett ist, würde ich zu ihr halten. Aber sonst weg mit der Frau, was soll denn ein Kind mit einer Babysitterin, die es nicht mag? Aber das sollte nicht Ihre Tochter allein entscheiden, sondern Sie zusammen. Meine Oma hat immer gesagt: "Das müssen wir mal beobachten." Und das ist ja nie verkehrt. Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

Jesper Juul

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(Foto: Anne Kring)

Die Tatsache, dass Ihre Tochter friedlich mit der neuen Babysitterin spielt, zeigt nur, dass sie die Frau nicht hasst. Aber es bleibt dabei, dass Ihr Kind sich nicht gut mit ihr fühlt. Dafür könnte es mehrere Gründe geben: Sie könnte mitgekriegt haben, dass Sie sich selbst im Gespräch mit anderen Erwachsenen zweifelnd über die Babysitterin geäußert haben. Wenn das so ist, ist das Schimpfen ihrer Tochter nur ein Ausdruck von Loyalität Ihnen gegenüber. Ich empfehle Ihnen, das Kind zu fragen, was es an der Babysitterin nicht mag, ob sie zum Beispiel etwas Doofes sagt. Dann sagen Sie: "Danke, ich werde darüber nachdenken und überlegen, ob ich irgendetwas ändern muss. Ich sag dir Bescheid, wenn ich das entschieden habe." Ich gehe davon aus, dass Ihre Tochter Ihnen vertraut. Deshalb könnte es auch sein, dass sie die Sache nach diesem Gespräch vergisst, einfach nur - weil Sie sich von Ihnen ernst genommen fühlt. Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

Collien Ulmen-Fernandes

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(Foto: Anatol Kotte)

Hat Ihre Tochter diese heftigen Diss-Zeilen im Zusammenhang mit einer bestimmten Sache geäußert? Wurde ihr etwas verwehrt? Fernsehen? Zucker? Ist sie vielleicht nur wütend darüber, dass die Babysitterin Zeit mit ihr verbringt, während Sie weg sind? Ist es vielleicht eine verdrehte Kritik an Ihnen? Richtet sich die Wut eigentlich an die Abwesenheit der Eltern? Oder ist, auch den Gedanken würde ich zulassen, die Babysitterin wirklich eine unerträgliche Person, und Ihre Tochter äußert diese Kritik nur im falschen Vokabular? All dies würde ich prüfen. Wenn Sie aber merken, dass es sich um eine Kampagne Ihrer Tochter handelt, aus Jux, weil sie ausprobieren will, wie weit man Menschen mit "negative campaigning" manipulieren kann, sollten Sie ihr zeigen, dass das nicht funktioniert. Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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