Serie: Whisky, Wasser des Lebens (3):Geist vor den Stadttoren

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In der Nähe der schottischen Hauptstadt Edinburgh wird ein Malt Whisky gebrannt, der keineswegs so lieblich ist, wie seine Herkunft aus den Lowlands vermuten ließe.

Andreas Schätzl

Bevor wir in der nächsten Folge wieder einsteigen in die Schilderung der Produktionsverfahren von Malt Whisky, wollen wir zur Auflockerung zwischendurch einen vorstellen. Unsere Serie zum Wasser des Lebens soll ja keinesfalls zu trocken ausfallen

In dieser Brennblase (Glenkinchie verfügt über zwei, die beide ziemlich groß sind) erfolgt ein Teil der Destillation. (Foto: Foto: Diageo)

Um nicht gleich zu wuchtig zu beginnen, wollen wir mit einem Glenkinchie in seiner zwölfjährigen Grundversion beginnen. Glenkinchie ist eine 1837 gegründete Whisky-Destillerie, die nicht weit von der schottischen Hauptstadt Edinburgh entfernt ist.

Sie liegt somit in den schottischen Lowlands, einer für dortige Verhältnisse vergleichsweise lieblichen Gegend südlich einer imaginären Linie zwischen Glasgow und der Hauptstadt. Die relative Dezenz dieses Landstrichs (im Vergleich zu den rauen, zerklüfteten Highlands oder den bisweilen sehr wilden Inseln) spiegelt sich oft in den nur noch wenigen Whiskies, die von dort kommen, wider.

Sagt man. Denn: Überraschung! Der auch "The Edinburgh Malt" genannte Glenkinchie ist keineswegs ein Leichtgewicht. Mochte das noch ein wenig auf die zehnjährige Vorgänger-Variante zugetroffen haben mit ihrem grasig-blumigen Bukett, dem fruchtigen Aroma und dem leicht adstringierenden, herb-pelzigen Mundgefühl, so ist der aktuelle Zwölfer eine schon in der Nase ausgesprochen füllige Angelegenheit. Man riecht - nachdem man dem Malt ein paar Minuten im Glas gegönnt hat - eine dichte Mixtur aus Gerstenmalz, Hefe, Honig, Zimt / Nelken und braunem Zucker.

Der Körper (das, was man im Mundraum spürt, nicht schmeckt!) erscheint ziemlich voll und rund, und der Geschmack hält, was die Nase versprochen gekriegt hat: eine üppige Komposition mit vorwiegend süßen Noten, aber auch erdigen und sogar leicht torfigen Tönen. Irgendwo in dem Konglomerat der Geschmäcker scheinen sich zudem Nelken und vor allem Bittermandeln zu verstecken.

Der zwölfjährige Single Malt Whisky von Glenkinchie ist ein "Lowlander", aber keineswegs ein Leichtgewicht. (Foto: Foto: Diageo)

Von leicht und filigran ist da wenig zu spüren. Das liegt auch am Alkoholgehalt von 43 Prozent, aber den hatte der wesentlich schmalere, schlankere Ahn ebenso. Geht man davon aus, dass an den Einmaisch-, Gär- und Destillierverfahren nichts geändert wurde (und darauf pochen die allermeisten Whisky-Hersteller nachhaltig, im Sinne einer um jeden Preis zu bewahrenden Qualitäts-Tradition), dann hat es wohl mit der zwei Jahre längeren Reifezeit zu tun. Da gilt fast immer: Je länger der Fasseinfluss anhält, desto runder und weicher wird der Inhalt.

Es mag auch sein, dass beim Komponieren des Whiskies mehr Inhalt aus Fässern zur Verschmelzung gelangte, die vor dem Whisky Sherry enthalten haben. Neues Destillat ("Whisky" darf sich dieses erst nach drei Jahren Reifung nennen!) in Eichenfässer abzufüllen, in denen vorher Sherry gelagert wurde, ist eine eher dem Zufall gedankte Methode, welche indes seit mehr als 100 Jahren angewendet wird, dem Alkohol eine fruchtig-"rosinige" Süße verleiht und von einigen Marken zur Perfektion entwickelt wurde.

Viele Whiskies halten diesen oft sehr intensiven Einfluss aber nicht aus, sondern schmecken irgendwann nur noch nach Sherry. Dann gehen die Destillerien dazu über, Whisky aus solchen Fässern mit Destillat zu mischen, das aus weniger geschmacksdominanten Fässern kommt.

Sherry-Einflüsse sorgen im Endprodukt für eine füllige, runde Süße. Und die kommt auch beim Glenkinchie 12 Years Old durch, spätestens im Abgang, also einige Minuten nach dem letzten Schluck. Kurzum: Dieser Whisky kann als gelungener Einstieg in die Materie mit ausreichender Komplexität in Aroma, Geschmack und Abgang gelten.

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