Sack Reise:Freies China

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Gut, vieles geht in China nicht. Anschnallen im Taxi. Googeln. Ohne Ausweis im Kaufhaus ein Küchenmesser kaufen. Sagen, was man will, wo man will. Andererseits ist China in vielem freier als Deutschland. Hier eine Sammlung von Sachen, die in China okay sind.

Von Kai Strittmatter

Gut, vieles geht in China nicht. Anschnallen im Taxi. Googeln. Ohne Ausweis im Kaufhaus ein Küchenmesser kaufen. Sagen, was man will, wo man will. Andererseits ist China in vielem freier als Deutschland. Hier kann ich rückwärts durch die Straßen laufen, ohne dass auch nur einer den Kopf nach mir umdreht. Hier kann ich aus vollem Halse singen, während ich mein E-Bike durch die Fußgängerzone steuere. Meinen Ferrari ohne Nummernschild bei Rot über die Ampel jagen.

Noch ein paar Dinge, die einer in China tun kann, in Deutschland aber eher nicht:

rechts überholen auf dem Fahrradweg.

Auf dem Standstreifen der Autobahn rückwärts gegen den Verkehr zurück zur Ausfahrt preschen, die du verpasst hast. Die Strafpunkte, die dir das einbringt, auf einen Kumpel überschreiben lassen.

Deinem Freund bei der Begrüßung strahlend ins Gesicht rufen: "Du bist aber dick geworden!", woraufhin der ebenso strahlend zurückruft: "Und du erst!"

Den Fremden im Zug gleich nach dem "Hallo" erstens nach seiner Blutgruppe fragen, zweitens nach dem Monatsgehalt.

Mit dem Zug in vier Stunden eine Strecke von 1200 Kilometern zurücklegen.

Sodann aussteigen in einer Drei-Millionen-Einwohner-Stadt (Bengbu), von der du noch nie im Leben etwas gehört hattest, obwohl du dich seit 30 Jahren mit China beschäftigst.

Das Bier nach Kilogramm und in der Plastiktüte kaufen (in Qingdao).

Chinesisches Essen essen. Also: CHINESISCHES ESSEN essen.

Tee trinken. Also: TEE trinken.

An einer Tee-Verkostung teilnehmen, die länger dauert als eine Weinverkostung in Frankreich. 100 Gramm Tee für 160 Euro kaufen. Die Teeblätter vier Mal aufgießen.

Bei McDonald's Reisgerichte essen.

Bei Burger King Lotus-Burger essen.

Bei "Obama Fried Chicken" etwas essen, was weder wie Obama noch wie Chicken aussieht.

Den "Rauchen verboten!"-Ständer im Restaurant als Aschenbecher benutzen.

Von Kellnern bedient werden, deren Namensschilder dich über ihre eng- lischen Vornamen informieren, und die "Audi" heißen, "Bill Gates" oder "Chloroform".

Grüne-Erbsen-Eis essen. Rote-Bohnen-Eis essen.

Morgens um drei Lammspieße essen, die wahrscheinlich gar keine Lammspieße sind. Morgens um vier betrunken per App einen nüchternen Fahrer bestellen, der für umgerechnet zehn Euro dich und dein Auto heimfährt.

Mit einer App auf deinem Smartphone die Schüssel Nudeln (1,50 Euro) beim Gassenwirt bezahlen. Mit derselben App ein Taxi bestellen.

Morgens online Mangos, Druckerpapier, Regenwürmer fürs Wurmhotel bestellen, nachmittags geliefert bekommen.

Deine erwachsenen Kinder verklagen, wenn sie dich nicht besuchen kommen.

An Geschenken das Preisschild dranlassen (wenn's teuer war). Noch besser: direkt Geld schenken.

Als Frau: in Lockenwicklern und Schlafanzug den Pudel Gassi führen. Als Mann: oben ohne in Shorts und Plastiklatschen hinter der Frau herschlappen.

Rhythmisch auf deinen nackten Bauch klatschend den Nachbarn euer Kommen ankündigen.

Letzteres mache ich besonders gern, in unserer Gasse hallt das so schön.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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