Reinschauen:Das tiefste Loch der Welt

Lesezeit: 2 min

Nicht gebohrt, aber trotzdem tief: In der Atacama-Wüste in Chile ist nahe einer Mine die Erde weggesackt. (Foto: JOHAN GODOY / AFP)

Dicke Steinschichten, schmelzende Bohrer und verborgene Geheimnisse: Warum die Erde wie ein Pfirsich aufgebaut ist und wo man am besten anfängt zu bohren und was sich Forschende überhaupt vom Blick in die Erde erhoffen.

Von Benjamin von Brackel und Nina Himmer

Wie viele Schichten hat die Erde?

Die Erde ist wie ein Pfirsich aufgebaut: Außen ist eine dünne Schale, die ist bei der Erde aus festem Gestein, heißt Erdkruste und ist im Schnitt 35 Kilometer dick. Darunter kommt das Fruchtfleisch - der fast 3000 Kilometer dicke Erdmantel. Er heißt komischerweise so, obwohl er nicht die äußerste Schicht ist. Darunter, ganz im Inneren der Erde, liegt der Erdkern. Bisher ist es nicht gelungen, zum Erdmantel vorzudringen - obwohl Tausende Löcher gebohrt wurden und viele Forschende es versucht haben.

Wie tief ist das tiefste Loch?

Kommt darauf an, von wo man misst: Auf der russischen Halbinsel Kola wurde 12262 Meter in die Tiefe gebohrt - allerdings an einer Stelle, an der die Erdkruste sehr dick ist. Um den Erdmantel anzupiksen ist es schlauer, gleich vom Meeresgrund aus zu bohren. Diesen Rekord hält ein Loch, das 2005 gebohrt wurde, 1500 Meter misst und sogar Gabbrogestein erreichte. Tiefer war die Menschheit noch nie.

Was gibt es da unten Spannendes?

Aus dem Loch holten die Bohrer damals tiefblaues, festes Gestein - bis heute eine Sensation. Generell erhoffen sich Forschende von Gesteinsproben aus der Tiefe neue Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung unseres Planeten. Obwohl der Erdmantel zwei Drittel unserer Erde ausmacht, wissen wir darüber weniger als über den Mond. Zwischen uns und den Antworten auf diese Fragen liegen sechs Bohrkilometer - und vier fehlen uns noch.

Was ist das Problem?

Ultratiefbohrungen sind eine komplizierte Sache. Man muss zum Beispiel die richtige Stelle zum Bohren finden: An Land geht es nicht, da ist die Erdkruste bis zu zehnmal dicker als unter dem Ozeanboden. Außerdem muss die Kruste alt genug sein, weil sie dann kühler ist. Wenn das Gestein zu heiß wird, schmilzt der Bohrmeißel nämlich einfach weg. Die besten Bohrstellen sind auf hoher See im tiefen Wasser, kein einfaches Arbeitsgebiet. Außerdem braucht man Spezialschiffe, Spezialgeräte und sehr viel Geld.

Muss man wirklich bohren?

Manchmal spucken Vulkane Material aus dem Erdmantel aus. Daher weiß man bereits, woraus er besteht. Das Problem: Das Gestein verändert sich im Schleudergang nach oben chemisch so sehr, dass viele Informationen verloren gehen. Deshalb erhoffen sich Geologinnen und Geologen so viel von unveränderten Gesteinsproben aus der Tiefe.

Wer bohrt als Nächstes?

Geologinnen und Geologen können mittlerweile besser einschätzen, wo es sich lohnt zu bohren. Das finden sie heraus, indem sie von Schiffen aus Druckwellen in Richtung Meeresboden schicken. Dann zeichnen sie auf, wie diese vom Grund reflektiert werden. Mit den Daten können sie eine Art unterirdische Landkarte erstellen, den Aufbau der Gesteinsschichten und die Entfernung zum Erdmantel sehen. Es bleiben nur drei Orte, die sich eignen. Sie liegen vor den Küsten von Hawaii, Costa Rica und Mexiko. Aber es gibt nur ein einziges Schiff, das sich für solche Einsätze eignet: Es gehört Japan und heißt Chikyu, das bedeutet übersetzt "Erde". Aber selbst mit diesem Superschiff müsste man jahrelang bohren.

© SZ vom 13.05.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: