Porträt:Auf Händen zum Papst

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Heute nutzt Ludwig Hofmaier seine Hände zum Verhandeln. Früher lief er darauf. (Foto: ZDF und Stefanie Jeske)

Der Moderator Ludwig Hofmaier ist vielen als Lucki aus der ZDF-Sendung "Bares für Rares" bekannt - seinen spektakulärsten Auftritt aber hatte er im Vatikan.

Von Hans Hoff

Wer nach Ludwig Hofmaier fragt, wird oft ein Schulterzucken ernten. Die meisten Menschen können mit diesem Namen nichts anfangen. Das ändert sich allerdings schlagartig, wenn man den Spitznamen des Ludwig Hofmaier benutzt und nach Lucki fragt. Häufig schiebt sich dann ein Lächeln in die Züge der Gefragten, also zumindest bei jenen bis zu fünf Millionen Menschen, die regelmäßig die ZDF-Vorabendsendung "Bares für Rares" schauen. Den Lucki, den kennen sie, den mögen sie, weil er doch in der Ankäuferjury der streng ritualisierten Antiquitätenverscherbelshow der Kauz vom Dienst ist, immer diese knallbunten Hemden trägt und so sehr bayerisch spricht, dass es Menschen nördlich von Augsburg manchmal schwer fällt, seinen Ausführungen zu folgen.

Ein knallbuntes Hemd hat Lucki, 76, auch beim Treffen in einem Kölner Golfklub an. Natürlich. Ohne buntes Hemd ist der Lucki von heute nicht vorstellbar. Über 200 von der Sorte hat er daheim im Schrank, erzählt er. Keine Stangenware, sondern mehrheitlich selbst genäht von seiner Frau. Drüber trägt er bunte Hosenträger. Davon hat er etwa 70 vorrätig. Und an den Füßen leuchten knallrote Halbschuhe. "Ich war immer schon ein bunter Vogel", sagt er.

Seine Botschaft kommt trotzdem bundesweit an. Sie lautet: Ich bin der Lucki, und ich bin wie ich bin. Gerade ist Lucki zurückgekehrt von den "Bares für Rares"-Dreharbeiten im nahen Pulheim. Zwei Shows hat er hinter sich. Sechsmal musste er pro Folge ans Jurypult und prüfen, ob er das, was die Menschen da an Antiquitäten oder Kitschigem angeschleppt haben, für erwerbenswert hält. Und wenn der Lucki gerade kein Fernsehstar ist, dann trifft man ihn als knallbunte One-Man-Show auf den Trödel- und Antikmärkten der Republik. Mehr als tausend Artikel bietet er an seinem Stand feil, und er ist stolz darauf, von jedem Teil den Preis zu kennen. "Das ist eine Leidenschaft", sagt er. "Ich habe mich schon als Bub für alte Sachen interessiert."

Trotzdem war sein Weg als Profitrödler nicht vorgezeichnet, denn zunächst war der Sport sein Ding. Anfang der Sechziger wurde Lucki Meister in diversen Disziplinen. Kunstturnen und Geräteturnen waren sein Faible, was sich aber irgendwann verengte auf die Verkehrung der Verhältnisse: Der junge Ludwig konnte prima auf den Händen laufen. Einmal lief er im Handstand sogar von Regensburg nach München, das war spektakulär. Ihm aber offenbar nicht spektakulär genug, denn 1967 lief Lucki auf Händen von Regensburg in drei Monaten nach Rom. "Das hat mir einfach Spaß gemacht", sagt er und erzählt dann noch, wie er auf Händen in den Petersdom hinein ist und eine Runde um den damaligen Papst gedreht hat. Der habe sich sehr darüber gefreut und ihn auch gesegnet, berichtet der Lucki, und es schwingt auch heute noch ein gewisser Stolz in seiner Stimme mit.

Er hat also früh gelernt, wie es ist, im Mittelpunkt zu stehen. Er weiß damit umzugehen. "Ich bin immer freundlich", sagt er, und kurz danach tritt ein Golfer an seinen Tisch und klopft ihm unvermittelt auf die Schulter. "Der Mann ist super", sagt er so laut in die Runde, dass alle aufblicken. Der Lucki erwidert den Übergriff mit einem Lächeln. "Das gehört dazu", sagt er und erzählt, wie er neulich während einer Autobahnfahrt aus dem Nachbarauto heraus fotografiert wurde. "Manchmal wird es ein bisschen viel", sagt er zwar, aber er weiß, dass diese Berührbarkeit auch sein Kapital ist. Lucki ist quasi ein volkseigener Betrieb, einer, der allen gehört, die ihn kennen und mögen. Es dürfte schlimmere Urteile geben als die Einschätzung der Menschen, dass jemand ein Guter ist.

Ein Guter sei er immer gewesen, sagt der Lucki dann noch. Auch in jenen Zeiten ab den 70er Jahren, da er erst Diskothekenbesitzer war und dann Betreiber einer Oben-ohne-Bar wurde. "Da habe ich gutes Geld gemacht", sagt er. Anrüchig sei da nichts gewesen. "Bei mir hat es nie was gegeben. Ich habe nie die Polizei gebraucht." Er war Türsteher, Wirt und Rausschmeißer in einer Person. "Mit guten Worten war das immer alles zu regeln", sagt er.

Irgendwann ist er dann Händler geworden und der Liebe wegen von Bayern nach Offenburg gezogen, wo er heute noch sein mitunter altmodisch anmutendes Sein pflegt. "Ich lese nicht, ich brauche kein Internet", sagt er und zieht eine Schnupftabakdose aus der Tasche. Eine Prise auf die Hand und dann in die Nase. Kürzlich ist mal ein Verlag an ihn herangetreten und wollte, dass er Autor wird. Aber nicht mit dem Lucki. "Ich kann kein Buch schreiben", sagt er: "Ich bin selber das Buch." In dem lesen gerade viele Menschen, die von den anderen Tischen herüberschielen. Sie kennen ihn, sie mögen ihn. Und der Lucki gibt es ihnen gerne zurück. Als Fernsehfigur, die er ist, und auch als Händler. "Der ganze Verkauf geht über Sympathie", sagt er. "Wer mir sympathisch ist, der kriegt einen guten Preis von mir", sagt er.

Nur mit zwei Dingen mag er sich partout nicht anfreunden. Das eine ist das Hochdeutsche. "Das kann ich gar nicht", behauptet er und skizziert, was ihm fehlen würde, wenn er denn versuchte, sich so auszudrücken. "Da kann ich meine Waren gar nicht mehr so gut beschreiben." Das andere ist das Aufhören. Das kommt nicht in die Tüte. "Solange mich der Sender haben will, mache ich mit", sagt er, und es gibt keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Ist doch der Lucki.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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