Männer:Dirk

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Unsere Kolumnistin über die männliche Gattung namens Dirk, von dem es sehr viele gibt und immer geben muss, denn ohne Dirks würde nichts in diesem Land funktionieren. Er ist ein ganz wichtiges Glied in der Kette, ohne ihn würde kein Betrieb funktionieren.

Von Johanna Adorján

Hatten Sie schon mal beruflich mit Männern zu tun? Also in Gruppen? Dann kennen Sie Dirk, von dem es sehr viele gibt und immer geben wird, geben muss, denn ohne Dirks würde nichts in diesem Land funktionieren. Jedenfalls nichts mit Menschen in leitenden Funktionen. Dirks werden gebraucht, um Betriebe am Laufen zu halten, denn sie leben und denken in Hierarchien. Die da oben (oder der, klar) - und wir Dirks hier, die wir noch nicht so weit oben angekommen sind.

Ob Dirk es je ganz nach oben schafft, ist fraglich. Denn er ist nicht zum Anführen geboren. Dafür ist er ein bisschen zu gründlich, zu fleißig, vor allem aber zu pflichtbewusst. Anders ausgedrückt: zu schlecht im Delegieren. Aber, und das muss ihm vielleicht mal jemand sagen, bevor er nur noch gebeugt durch die Flure schleicht: Auch er ist sehr wichtig. Ohne solche wie ihn würde es schließlich überhaupt keine Chefs geben, dafür muss schließlich irgendjemand unter denen sein.

Dirk ist der Kollege, der lauter lacht, wenn der Chef im Raum ist.

Er übernimmt freiwillig lauter Tätigkeiten, auf die sonst keiner Lust hat. (Und glaubt wirklich, das werde ihm eines Tages noch gedankt.)

Wie eine Blume, die sich zur Sonne hin ausrichtet, spricht er in Konferenzen nur zum Chef. Ist der Chef nicht da, wendet er sich zu dessen Stellvertreter. Die jeweiligen Positionen sind ihm immer geläufig, er hat sie zutiefst verinnerlicht und widerspruchslos akzeptiert. Insgeheim, aber das muss wirklich unter uns bleiben, liebäugelt er selbst mit dem Stellvertreterposten, von dem aus es dann nur noch wenige ... ach, Träume.

In Anwesenheit des Chefs spricht Dirk in Konferenzen länger als sonst. Das liegt daran, dass er die Meinung des Chefs während seines eigenen Redebeitrags erst noch erraten muss. Nicht immer zeigt ein Chef sofort, was er denkt, da muss manchmal erst mutig drauflosgeredet werden, bis endlich eine Reaktion zu erkennen ist, und dann heißt es notfalls unauffällig Haken schlagen und, als wäre nichts gewesen, einfach das Gegenteil behaupten.

Ist der Chef nicht da und, Gott bewahre, dass solch ein Unglück öfters geschehe, auch dessen Stellvertreter nicht, springt Dirk rührend ein und spricht nun selbst als Chef zu seinen Kollegen, die das allerdings natürlich nicht ernst nehmen, weil warum.

Manchmal schreibt er spät nachts noch eine E-Mail an den Chef, was ihm zu diesem oder jenem Punkt noch aufgefallen sei, er aber vor den anderen nicht habe sagen wollen, aus diesen oder jenen Gründen. Am nächsten Tag ärgert er sich über sich selber, weil keine Antwort kam. Am übernächsten auch noch, danach vergisst er es.

Es ist aber nicht so, dass Dirk immer nur gut und aufopfernd wäre, den neuen, jungen Kollegen kann er zum Beispiel überhaupt nicht leiden (dieser Ehrgeiz! Diese Turnschuhe!), was er ganz schlecht verbergen kann, obwohl er sich vor jeder Konferenz wieder ermahnt, fair zu sein.

Schon ein bisschen tragisch, dass der neue, junge Kollege dann ganz schnell Karriere macht, erst an Dirk vorbei, dann bei der Konkurrenz, die ihn für angeblich sehr viel Geld abwirbt. Aber weiter geht's. Wie jeder Soldat weiß: Hinfallen kann jeder, es geht darum, nicht liegen zu bleiben.

Dirk sähe übrigens mit Pickelhaube nicht verkleidet aus.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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