Luft und Liebe:Ich geh' angeln, was machst du?

Lesezeit: 4 min

Die meisten männlichen Hobbys sind für Frauen ungeeignet. Das ist kein Zufall, sondern der Sinn der Sache.

Violetta Simon

Modelleisenbahn, Marathonlauf, Musik - Hobbys sind eine feine Sache. Solange sie als Freizeitbeschäftigung durchgehen. Leider neigen viele Männer dazu, ihr Hobby derart exzessiv zu betreiben, dass kaum mehr Platz für andere Dinge bleibt. Schon gar nicht für die Liebe.

Konversation mit einem Fisch? Nichts für Frauen. Und das ist gut so. (Foto: Foto: iStockphotos)

Den Begriff "jede freie Minute" kann man auf verschiedene Weise interpretieren. Eine Frau versteht darunter normalerweise jene Zeitspanne, die übrig bleibt, wenn man nach der Arbeit den Haushalt und die Einkäufe erledigt, die Großtante besucht, das Wohnzimmer gestrichen hat und der Partner verabredet oder übers Wochenende verreist ist. Für einen Mann beginnt diese Phase, sobald er das Büro verlässt. Und sie endet, wenn er es wieder betritt.

Martha hatte das nun schon zweimal erlebt. Ihr letzter Freund war Amateurfunker. Stundenlang saß er vor seinem Funkgerät, horchte mit geschlossenen Augen ins Nichts und drehte dabei am Rädchen. Bereits im Morgengrauen streifte er durch die Gegend, auf der Suche nach neuen Frequenzen, dem Polizeifunk oder akustischen Signalen aus dem All. Nach sechs Monaten packte Martha ihre Koffer und verschwand. Dass sie weg war, bemerkte er erst vier Tage später.

Der Typ davor baute Modellflugzeuge. Diese Art der Freizeitbeschäftigung hatte schon beinahe etwas Tragisches: Jedes Wochenende stand er mit komisch aussehenden Menschen auf einer Wiese, die Fernbedienung mit den Joysticks um den Hals, und sah seinem Kleinflugzeug beim Herumfliegen zu. Kam er mies gelaunt nach Hause, wusste sie: Es hatte mal wieder eins erwischt. Während andere Männer in einer Kneipe abstürzten, zerschellte sein Ego im Maßstab von 1:6 auf der Erde.

Ab und zu kam sie mit, zur moralischen Unterstützung. Doch schon bald erkannte sie: Die war nicht gefragt. Die Fachsimpeleien unter diesen Freaks ersetzten jedes therapeutische Gespräch. Raunte der eine: "Ich habe Schwierigkeiten mit dem Dual-Rate", murmelte der andere: "Kein Wunder, bei den Querruder-Servos." Und der Dritte: "Was du brauchst, ist ein Mischer". Sie hat bis heute nicht begriffen, wovon diese Menschen sprachen. Und der Modellflugzeug-Typ hat nie kapiert, wovon sie sprach, wenn sie über die Beziehung reden wollte. Das muss er jetzt auch nicht mehr.

Gemeinsamkeiten: Zähneputzen

Als Martha Gregor kennenlernte, mochte sie auf Anhieb seine sportliche Erscheinung. Ein perfekt durchtrainierter Körper, immer gut drauf - wie macht er das nur, dachte sie damals. Bald wusste Martha, wie er das machte. Jede freie Minute verbrachte Gregor in einem Fitness-Studio, beim Fußball oder auf dem Rad. Erst dann war er zufrieden. Martha hingegen nahm sich für ihre Dinge immer erst dann Zeit, wenn sie alles erledigt hatte. Wenn die anderen versorgt und zufrieden waren.

Zu Gesicht bekam sie Gregor manchmal nur morgens beim Zähneputzen. Beim Frühstück versenkte er sich meditativ im Sportteil. Immer wieder versuchte sie ihn dazu zu bewegen, etwas miteinander zu unternehmen. "Wann gehen wir mal wieder ins Kino?", fragte sie die Tageszeitung. "Wann waren wir zum letzten Mal in einem Konzert?", quengelte sie ins Leere. "Was willst du bloß immer von mir?", keifte er zurück, ohne von seinem Artikel aufzublicken. "Ich will wieder mal ein Date. Ein richtiges Date", schimpfte Martha. "Es genügt nun mal nicht, wenn wir uns ab und zu rein zufällig in der Küche begegnen."

Gregor genügte das durchaus. Er verstand die Aufregung nicht. Schließlich wohnten sie bereits zusammen, da musste man sich doch nicht auch noch explizit verabreden. Hatten sie morgens nebeneinander vor dem Badezimmerspiegel gestanden, war sein Bedarf an Gemeinsamkeit gedeckt.

Da zündete sie die Zeitung an ... Fortsetzung nächste Seite ...

"Such dir doch auch ein Hobby", hatte Gregor eines Morgens versöhnlich zu Martha gesagt, während er die Zeitung las. Da nahm sie ein Feuerzeug und zündete die Tageszeitung vor seiner Nase an. Einfach so, nur um zu sehen, was passierte. Mit aufgerissenen Augen sprang er auf, klopfte sich die Funken vom Pullover und trampelte hektisch auf den Blättern herum. "Bist du wahnsinnig?", rief er, "warum tust du sowas?" "Wollte mal wieder dein Gesicht sehen", anwortete sie gelassen.

Auf der Jagd nach archaischen Momenten

Martha hatte einfach keine Ahnung von der männlichen Seele. Seit der Mann seinen Speer gegen die Tastatur eingetauscht hat, kann er höchstens noch seinem beruflichen Erfolg hinterherjagen und mittags ein paniertes Schnitzel zur Strecke bringen. Was seinem Leben fehlt, sind die archaischen Momente. Was er braucht, ist Herausforderung und Anerkennung. Deshalb sind Hobbys wie Angeln und Jagen bei Männern so verbreitet.

Auch sehr beliebt sind Aktivitäten, bei denen ein Gegenstand mit einer gewissen Geschwindigkeit an eine andere Stelle befördert wird, wie zum Beispiel beim Fußball. Den meisten Männern genügt es übrigens, ihren Geschlechtsgenossen beim Fußballspielen zuzusehen.

Nur wenn es ums Auto geht, packen sie lieber selbst an. Am Samstagmorgen mutiert selbst der größte Küchentölpel zum Meister der Filigranmechanik: Männer, die beim Geschirrspülen einen Materialschwund von 50 Prozent erzeugen und am liebsten einen großen Bogen um Putzmittel machen, polieren stundenlang hingebungsvoll das Blech ihres Vehikels.

Frauen: unerwünscht

Fakt ist: Die meisten dieser Hobbys sind für eine Frau ungeeignet. Sie sind entweder zu gefährlich, zu technisch oder zu langweilig. Das ist kein Zufall. Das ist der Sinn eines Hobbys. Es ist die Zeit des Friedens für einen Mann. Wer behauptet, Paare sollen sich ein gemeinsames Hobby suchen, hat nichts verstanden.

Auch Martha nicht. Sie dachte, es sei eine gute Idee, Gregor öfter mal bei seinen sportlichen Aktivitäten zu begleiten. Immerhin war sein Hobby weder langweilig, noch technisch, noch gefährlich. Und so hechelte sie mit ihm durch den Park, stemmte in der Muckibude Gewichte und ächzte im Wiegetritt die Passstraßen hinter ihm hoch. Nicht lange, dann hörte Gregor mit dem Sport auf. Er angelt jetzt.

Dass man beim Angeln nicht reden darf, stimmt übrigens nicht. Es ist ein Gerücht, das von Männern in die Welt gesetzt wurde, um Frauen vom See fernzuhalten und ungestört aufs Wasser starren zu können. Zwei Stunden die Klappe halten und dabei Fische töten - sowas würde eine Frau niemals tun. Oder haben Sie schon mal eine Frau angeln sehen? Eben.

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de . Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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