Kolumne "Er sagt, sie sagt":Man müsste mal wieder

Lesezeit: 3 min

Was die Notwendigkeit von Renovierungsmaßnahmen angeht, sind Frau und Mann häufig unterschiedlicher Auffassung. (Foto: iStock)

Der Mann im Haus erspart den Handwerker? Von wegen. Manch einer drückt sich so lange vor Pinsel und Bohrmaschine, bis die Dame des Hauses selbst aktiv wird - oder eine angemessene Drohkulisse aufbaut. Eine Beziehungs-Kolumne in Dialogform.

Von Violetta Simon

Ein frühlingshafter Samstagmorgen. Die Sonne scheint ins Schlafzimmer. Sie blickt versonnen zur Decke, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und denkt an gar nichts - glaubt er jedenfalls. Er dreht sich zu ihr rüber, krault ihren Bauch und versucht dabei möglichst beiläufig, den Radius zu erweitern. Sie lässt den Blick schweifen. Von der linken Ecke in die rechte.

Sie: Man müsste dringend das Schlafzimmer streichen. Wenn eine Frau im Zusammenhang mit unangenehmen Aufgaben die unbestimmte Bezeichnung "man" verwendet, meint sie damit niemals eine unbestimmte Person. Und vor allem nicht sich selbst. Sie meint damit immer nur einen: ihren Mann. Und genau aus diesem Grund reagieren Männer auf "man" stets gleich: erst einmal gar nicht.

Er ( tut, als hätte er es nicht gehört und wanzt sich ran): Na, hast du gut geschlafen?

Sie: Findest du nicht auch, man müsste mal ...

Er: Aber ja, unbedingt!

Sie: ... das Schlafzimmer streichen.

Er ( seufzt, zieht seine Hand zurück und dreht sich auf den Rücken): Keine Ahnung, wovon du sprichst. Ist doch alles prima.

Sie: Von wegen prima. Schau doch mal hin, alles vergilbt und grau da oben.

Er: Haben wir nicht erst kürzlich gestrichen?

Sie: Das war die Küche. Und das ist zwei Jahre her. Hier haben wir noch nie gestrichen. Überhaupt, in der ganzen Wohnung müsste man viel mehr machen. Wenn ich nur an unser Wohnzimmer denke. Oder die Diele - das ist schließlich das erste, was man sieht, wenn man zur Tür hereinkommt.

Er: Was denn noch alles? Warum nicht gleich umziehen? Kannst du es nicht einfach mal gut sein lassen? Permanent bestellst du irgendwelchen Kram, verschiebst Möbel und dekorierst um. Ich verliere ja schon die Orientierung auf dem Weg vom Wohnzimmer ins Klo! Man hat das Gefühl, hier steht kein Stein länger als acht Wochen auf dem anderen. Musst du ständig die Wohnung scannen auf der Suche nach Baumaßnahmen?

Sie: Also bitte! Dazu brauche ich nicht groß scannen - das sticht doch ins Auge ! Ich bleibe dabei: Da muss neue Farbe ran!

Er: Verstehe. Und sicher hast du dir auch schon überlegt, wie die da hinkommt . Aber das sag ich dir: ohne mich!

Sie: Wie jetzt, ich soll das Schlafzimmer streichen? Alleine?

Er: Naja, du bist schließlich diejenige, die es für nötig hält.

Sie: Aber du schläfst doch auch hier, oder nicht? Und wenn du in dich hineinhorchst, dann weißt du, dass ich recht habe: Hier gehört gestrichen!

Er: Findest du? Vielleicht liegt es ja an der Beleuchtung.

Sie: An der Beleuchtung? Dass du dich überhaupt traust, das Thema anzusprechen! Wir leben hier seit zwei Jahren - und haben noch immer keine Deckenlampe.

Er: Stimmt doch gar nicht, wir haben eine sündteure Designerleuchte!

Sie: Sprichst du von jener Lampe, die seit drei Monaten unausgepackt vor unserem Bett steht und mir den Zutritt zu meiner Seite versperrt? Die Lampe, die sich noch immer in einem Karton befindet, und dafür sorgt, dass ich mich jeden Abend wie eine Schlangenfrau daran vorbeiwinden muss, wenn ich schlafen gehen will?

Er: Ich kam eben noch nicht dazu. Aber ich überleg mir was, versprochen. Gleich nach dem Frühstück werde ich den Karton schon mal rüber auf meine Seite rutschen. ( Hauptsache, das Problem ist damit erst einmal aus der Welt.)

Sie: Auf die Seite rutschen? Ist das alles? Ich sehe schon, ich muss das wieder mal in die Hand nehmen.

Er: Ha! Das will ich sehen.

Sie: Wirst du auch. Martin würde sicher gerne in den nächsten Tagen vorbeikommen, um die Lampe anzuschließen.

Er: Wie bitte? Du hast diesen Martin gefragt? Ob er die Lampe in unserem Schlafzimmer ...? Das ist nicht dein Ernst, du nimmst mich auf den Arm!

Sie: Was sollte ich denn tun? Wenn es dir lieber ist, kann ich auch Joachim Bescheid geben, er hat sich netterweise ebenfalls angeboten

Er: Na prima, hast du vielleicht eine Annonce aufgegeben? "Hilflose Ehefrau von unfähigem Mann sucht handwerkliche Unterstützung im Schlafzimmer"?

Sie: Jetzt reg dich doch nicht gleich so auf, Martin macht das wirklich gern! Wir können das ja gleich mit einem kleinen Abendessen verbinden.

Er: Glaubst du im Ernst, ich werde anwesend sein, wenn du diesen selbstgefälligen Testosteron-Macho zum Essen einlädst und dir von ihm die Lampe anschließen lässt?

Sie: Na gut, dann geh' eben so lange ins Kino ...

Er: Vergiss es. Die Lampe wird heute noch angeschlossen - und zwar von mir! Und diesem Martin richtest du aus, dass er seine Elektriker-Künste gefälligst woanders präsentieren soll, verstanden?

Sie: Wunderbar. Und wegen der Deckenfarbe - soll ich nicht doch lieber Joachim fragen?

Er: Äh ... gib mir zwei Wochen, ja?

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: