Ein Anruf bei ...:Rüdiger Kail, Ober-Jodler

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Am Wochenende wurde im Harz gejodelt, wegen einer Meisterschaft. Bitte? Ist Jodeln nicht Sache der Alpenländer?

Interview von Beate Wild

Am Sonntag wurde in Clausthal-Zellerfeld im Harz der 74. Gesamtharzer Jodelwettstreit ausgetragen. Mehr als 60 Harzer maßen sich in Jodelkünsten; die jüngste Teilnehmerin war vier Jahre alt, der älteste 66. Ein Gespräch mit Rüdiger Kail, Vorsitzender des Oberharzer Heimatbundes.

SZ: Herr Kail, wenn man als Bayer hört, dass im Harz ein Jodelwettbewerb ausgetragen wird, traut man kaum seinen Ohren. Jodeln ist doch eine Angelegenheit der Alpenländer, oder?

Rüdiger Kail: Das denken die meisten, weil sie das Jodeln nur aus dem Fernsehen kennen. Hier im Oberharz haben wir aber ein Mittelgebirge, das seit dem 16. Jahrhundert Bergbaugebiet ist. Das Jodeln ist eine uralte Tradition, damals haben sich so die Köhlerjungen verständigt, wie auch in Bayern und Österreich die Almbewohner mit Jodeln kommuniziert haben.

Sie als Fachmann: Wie erklärt man, wie genau jodeln geht?

Kennen Sie Loriot?

Das Jodeldiplom?

Ja, genau. Die Grundsilben sind tatsächlich holladiho, holladihö. Zu diesem Grundton kommen dann entsprechende Schleifen, ich singe Ihnen das mal vor (singt). Die entstehen, wenn der Ton von Kopf- auf Bruststimme wegfällt.

Rüdiger Kail, 67, ist der Vorsitzende des Heimatbundes Oberharz in Clausthal-Zellerfeld in Niedersachsen. Jedes Jahr veranstaltet der Heimatbund den "Gesamtharzer Jodlerwettstreit", den es bereits seit 1934 gibt. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Hört man denn einen Unterschied zwischen einem Harzer Jodler und einem alpenländischen?

Ganz typisch für das Harzer Jodeln ist dieser harte Umschlag, der auch Kehlkopfumschlag genannt und mit den Stimmbändern gemacht wird. Den gibt es in Bayern nicht, dort ist das Jodeln mehr gesungen.

Es gibt noch zwei weitere Jodelwettbewerbe im Harz ...

... richtig, der Harz ist ja geteilt in drei Bundesländer, jedes hat seinen eigenen Wettbewerb. Niedersachsen, das sind wir. Dann gibt es noch zwei im ehemaligen Osten.

Ist der Jodelstil im Ostharz anders?

Allerdings! Die jodeln dort mehr getragen. So war es bei uns vor hundert Jahren auch, aber dann kam die Mauer. Volksmusik ist vom DDR-Regime gefördert und auf Hochleistung getrimmt worden. Im westlichen Harz gab es das nicht, da konnten wir nicht mithalten.

Und seit der Wiedervereinigung?

Seither haben sich die Stile wieder angeglichen. Jetzt jodeln wir fast wieder gleich.

Machen bei Ihrem Wettbewerb eigentlich auch bayerische Jodler mit?

Nein, die dürften ja nur mitmachen, wenn sie einen Harzer Jodler vortragen. Wir dürften bei den Bayern auch nicht mitmachen, und das ist auch nicht weiter schlimm.

© SZ vom 05.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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