Jack Black:Solange der Knopf hält

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Auf dem roten Teppich flanieren meist Männer mit Smoking, weißem Hemd und Krawatte. Und dann gibt es da den Schauspieler Jack Black - mit einer scharfen Bombe unter dem Hemd.

Jürgen Schmieder

Alfred Hitchcock wäre begeistert von diesem Shirt. Er würde es einbauen in einen seiner Filme als textile Variante des Suspense. Denn dieses Hemd ist eine Bedrohung, eine dunkle Vorankündigung auf das, was passieren könnte - nein, auf das, was passieren wird. Denn bei seinem Träger ist von Anfang an klar, dass die Bombe nicht nur platziert und scharfgestellt wird, sondern dass sie mit Sicherheit explodieren wird. Der Zuschauer weiß es - er darf nur den Moment nicht verpassen und sitzt deshalb gespannt vor der Röhre.

Jack Black in "School of Rock": Das Hemd hält - noch. (Foto: Foto: Paramount)

Das Street-Worker-Shirt verstaubte lange Zeit in den Regalen der großen Kaufhäuser. In einer Zeit, in der das Wort "Metrosexualität" erfunden wurde, in dieser Zeit also, in der Männer T-Shirts mit Swarovski-Steinen trugen, sich die Augenränder mit Mascara verzierten und sich die Beine enthaarten, in dieser Zeit war dieses Shirt von en vogue so weit entfernt wie Schauspieler Jack Black vom Gewinn des Oscars.

In dieser Zeit marschierte plötzlich eben dieser Jack Black über den roten Teppich - der Hauptdarsteller aus "School of Rock" und "King Kong" passte so gar nicht in diese Vorgabe des neuen Mannes. Black war ein Schlag ins immer hübsch geschminkte Gesicht der Metrosexualität. Ein kleiner untersetzter Knuffel, der am liebsten die Hand - mit gestrecktem Zeigefinger und kleinem Finger - in die Luft reißt und laut "Rock 'n' Roooooooooll" brüllt. Der dabei seine lange nicht mehr geschnittenen und noch länger nicht mehr gewaschenen Haare schüttelt, als stünde er in der ersten Reihe eines Metallica-Konzerts. Neben ihm steht meist eine unfasslich hübsche Frau im Abendkleid, die sich über den Knilch im Street-Worker-Shirt köstlich amüsiert.

Jack Black trägt dieses Shirt mit Stolz. Es ist nämlich so, dass Blacks Körper der Länge nach ein "Small" ist, vom Umfang her jedoch ein "Extra Large" - was ihn zur Kugel mit Füßen macht. Das stört Black jedoch nur wenig, ach was, es stört ihn überhaupt nicht - auf den Etiketten der Street-Worker-Shirts, die er so gerne trägt, steht ein großes "S". Das führt meist dazu, dass dieses Hemd nur dann nicht spannt, wenn Black kerzengerade dasteht und den Bauch einzieht. Da er selten kerzengerade dasteht und noch seltener den Bauch einzieht, liegt das Hemd eng an, die Knöpfe machen sich zum Abplöppen bereit - das Hemd endet meist knapp unterhalb der Gürtellinie.

Genau diese Länge ist die Bedrohung auf dem roten Teppich, auf die Alfred Hitchcock in seinen Filmen setzte. Die Zuschauer ahnen, dass Jack Black irgendwann seine Rock-'n'-Roll-Geste machen wird. Er wird die Arme nach oben reißen. Und dann wird er sichtbar, dieser Kugelbauch. Diese behaarte Wampe ist Black jedoch nicht peinlich - im Gegenteil. Stolz präsentiert er ihn bei jeder Gelegenheit, als wäre es harte Arbeit gewesen, sich diesen One-Pack anzufuttern.

Klar dominieren weiterhin die Metrosexuellen wie David Beckham oder die Gentlemen wie George Clooney die roten Teppiche dieser Welt. Jack Black hat jedoch mit seinem Modegeschmack nicht nur für ein Revival des Street-Worker-Shirts gesorgt, sondern auch einen fast vergessenen Typ Mann zurückkehren lassen: den lustigen Knuffel, der durch Persönlichkeit überzeugt und nicht durch seinen perfekten Teint und wohlgeformten Bauch. Mittlerweile gehört Black zu den bestbezahlten Schauspielern Hollywoods.

Das zu enge Worker-Shirt findet seit Blacks Wiedereinführung zahlreiche Nachahmer. Brad Pitt etwa trägt in einer Szene in "Fight Club" ein viel zu enges und damit bauchfreies Shirt, auch Ben Stiller zeigt in "Verrückt nach Mary", was mit einem zu engen Shirt passieren kann.

Zahlreiche Designer von H&M bis Armani bringen wieder eigene Kollektionen mit den Shirts heraus. Das Street-Worker-Shirt erlebt ein Revival, dank eines liebenswerten Komikers. Man muss es ja nicht unbedingt bauchfrei tragen. Aber man kann.

Das Street-Worker-Shirt erlebt derzeit ein Revival. Von Dickies über Timberland bis hin zu Armani entwerfen die Designer wieder die lockeren Shirts mit dem klassischen Design und Schnitt. Beim Internet-Skateboard-Versand Titus gibt es eine riesige Auswahl der Shirts - von 9,90 Euro bis zu 149,99 Euro.

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