Hometrainer (2): Die Gewichtsweste:Ninja Turtle im Power-Wams

Lesezeit: 2 min

Der Rapper 50 Cent trägt so etwas Ähnliches auf der Bühne. Nicht uncool, so eine Gewichtsweste. Oder völlig bescheuert? Und bringt sie mehr als schräge Blicke und Gelenkschmerzen beim Training?

Jochen Temsch

So heißt es: Reebok Ironwear Das ist es: Eine Gewichtsweste mit neun Kilo Gewicht Das soll es: Kraft und Ausdauer verbessern

Coolness, kugelsicher: Zum Tragen gewisser Trainingsgeräte braucht es Selbstbewusstsein. (Foto: Foto: dpa)

Das Training fängt schon beim Auspacken an. Zur Schonung der Halswirbel sollte man dabei in die Hocke gehen. Die Gehirnzellen sind weniger gefordert - die Gewichtsweste zieht man so simpel an wie die Röntgen-Schürze beim Arzt: Kopf rein, Vorder- und Hinterteil mit Klettverschlüssen aneinanderpappen - fertig zum Tragen. Wobei Tragen wörtlich zu nehmen ist. Neun Kilo entsprechen immerhin fast einem Karton Milchtüten.

Der Erdanziehungskraft gemäß stellt sich sofort ein Gefühl ein, als würde man einen Rucksack heben, in dem ein Gullydeckel steckt. Aber die Last ist angenehm gleichmäßig verteilt, drückt nicht etwa ins Kreuz. Der Eisenwarenhändler Reebok wirbt mit "extra Härte für das tägliche Training". Wer es richtig heftig will, kann zusätzliche Metallteile in der Größe von Energieriegeln in schlanke Taschen schieben und so bis zu 20 Kilos schultern.

Ninja im Nahkampf

Das Power-Wams soll laut Eigendarstellung gut für Kraft und Ausdauer sein. Aber die erste Trainingseinheit ist für den Kopf: Habe ich genug Selbstbewusstsein, um in diesem Aufzug durchs Treppenhaus nach draußen zu wanken? Ganz in Schwarz von der Strickmütze bis zu den Turnschuhen und gepanzert wie ein Ninja Turtle, sieht man aus wie ein Nahkämpfer der GSG 9 im Anti-Terror-Einsatz. Die Nachbarin erschrickt garantiert.

Das Laufen dagegen: mühsam! So müssen sich Übergewichtige fühlen, die ihre ersten Schritte gegen die Verfettung unternehmen. Die Knie ächzen unter der zusätzlichen Masse. Ein Umknicken mit dem Fuß könnte jetzt erst recht gefährlich werden. Die übliche Strecke, rund acht Kilometer, dauert zwei Minuten länger als sonst.

Dafür kann man sich einbilden, mehr in Oberschenkeln und Waden zu spüren. Doch gerade wenn die Weste gut sitzt, nicht etwa reibt oder hin- und herschlenkert, engt sie die Atmung mit der Zeit korsettartig ein - das kann auch mental beklemmen.

Bei vier Lauf-Einheiten die Woche würde ich die Weste allerhöchstens bei einer tragen - aber viel lieber überhaupt nicht. Die Nachteile überwiegen: Laufstil und Gelenke leiden unter dem Ballast. Die meiste Kraft bringt immer noch ein spritziger Berglauf, den Rücken frei - effizient, natürlich, gut zum Bewegungsapparat, ganz ohne die orthopädische Problematik.

Pepp und Power

Dafür ist das Fitness-Oberteil eine nette Abwechslung bei der Gymnastik. Liegestütze, Klimmzüge oder Treppensteigen haben unter Last mehr Pepp bei weniger Wiederholungen - vorausgesetzt, man hat nichts gegen das Gefühl, ein Kleinkind auf dem Rücken spazieren zu tragen.

Armmuskeln und Waden bedanken sich. Aber wie immer, wenn Gewichte im Spiel sind, gilt: Respekt, langsam, mit geringer Belastung anfangen, dann erst steigern bei stets bewussten, kontrollierten Bewegungen, den Bandscheiben und Bändern zuliebe.

Fazit: In Maßen kann mehr Masse Spaß machen. Andererseits gibt es keine Übung, die sich nicht auch ohne die Weste absolvieren ließe. Und auf jeden Fall ist das Schönste an der Gewichtsweste das Gefühl der Leichtigkeit - wenn man sie wieder auszieht.

Preis: Gewichtsweste (9-18 Kilo) - inklusive 9 Kilo Gewichte: € 149.- Gewichtsweste (4,5-9 Kilo) - inklusive 4,5 Kilo Gewichte: € 109.- Zusatzgewichte: Set mit 10 Stück à ca. 210g € 22.- (in Kombination mit einer Weste) Set mit 10 Stück à ca. 210g € 32.- (Einzelbestellung) Bestellmöglichkeiten: www.fairplay-sporthandel.de

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