Gesellschaft:Sport ist fort

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Nicht nur Dinos, Latein oder Kassettenrekorder sind ausgestorben. Auch manche Sportarten gibt es nicht mehr. Sechs Beispiele - von Weitspucken bis Schildkrötenwettrennen.

Von Christoph Leischwitz

Weitspucken

Bis ins 19. Jahrhundert war es ganz normal, einfach auf die Straße zu spucken. Vor allem in den USA, wo noch heute viele Menschen Kautabak kauen. Der regt die Speichel-Produktion an, sodass man irgendwann einfach spucken muss. 1904 in St. Louis, USA, wurde das Kautabak-Weitspucken einmalig zur olympischen Disziplin. Man weiß nicht, wer damals gewann, denn es existiert nicht mal mehr eine Teilnehmerliste.

Darum starb es aus: Spucken gilt als eklig. Deshalb wurden Wettbewerbe schnell abgeschafft. In Deutschland gibt es Varianten wie das Kirschkern-Weitspucken. Der aktuelle Weltmeister spuckt 22,52 Meter weit.

Wagenrennen

Erfunden haben es die Griechen, doch die Wettrennen mit Streitwägen und Pferden waren die ganze Antike hindurch beliebt. Bis zu 250 000 Zuschauer feuerten die Lenker an. Im Circus Maximus des alten Roms gab es eine 600 Meter lange Rennbahn mit zwei sehr scharfen Kurven. Hier krachten die Wägen oft zusammen, einige Fahrer fielen aus dem Wagen und gerieten, wenn sie Pech hatten, unter die Hufe der galoppierenden Pferde.

Darum starb es aus: Der Sport war brutal und riskant. Heute gibt es Trabrennen auf Rasen mit weniger Verletzungsgefahr. Wagenrennen leben auch in der Formel 1 weiter, dort benutzt man immer noch den Begriff "Rennstall" für die Mannschaft eines Fahrers.

Weittauchen

Vor 100 Jahren wurde beim Schwimmen viel experimentiert: Zum Beispiel gab es Hindernisschwimmen, bei dem man über Boote klettern und unter ihnen hindurchtauchen musste. Und eben das Unterwasserschwimmen, besser gesagt: Weittauchen. Pro getauchten Meter gab es einen Punkt und für jede Sekunde einen halben.

Darum starb es aus: Es gab sehr bald schon spannendere Dinge, als Leuten beim Tauchen zuzusehen.

Skiballett

Bei Skirennen gewinnt der Schnellste. Doch in den 1960erJahren fragte man sich: Kann nicht auch einmal der siegen, der am schönsten runterfährt? So entstand Skiballett: Für 90 Sekunden konnte jeder zu Musik fahren, wie er wollte: Saltos schlagen, Pirouetten drehen, tanzen - ohne viel Regeln. Es sah ein bisschen aus wie Eiskunstlauf mit Stöcken.

Darum starb es aus: Als immer mehr Regeln eingeführt wurden, um zum Beispiel eine WM abzuhalten, hatten viele keine Lust mehr darauf.

Schildkröten-Wettrennen

Wohl nicht zufällig wurde der Sport vor allem von Menschen betrieben, die viel Zeit hatten, um sich langsame Tiere anzuschauen. Manchmal starteten die Schildkröten ohne einen Reiter in der Mitte eines Kreises, gewonnen hatte die, die als erste den Rand erreichte. Es gab aber auch Bahnenrennen mit Riesenschildkröten, die auch von Kindern geritten wurden.

Darum starb es aus: Rennen mit Tieren gelten heute als Tierquälerei. Bis letztes Jahr gab es in den USA zum Beispiel noch ein Festival mit Schildkrötenrennen und Froschspringen.

Tauklettern

Als es noch nicht so viele Sportgeräte gab, war das Seil wichtig, um sich fit zu halten. Sieger war, wer am schnellsten oben ankam und eine Glocke berührte. Die Füße zu benutzen, war tabu. Bei den Olympischen Spielen 1904 hatte der Goldmedaillen-Gewinner sogar ein Holzbein.

Darum starb es aus: Auf Dauer ist Tauklettern für Zuschauer doch langweilig. Dafür gehört Klettern ohne Seil, "Bouldern" genannt, ab 2020 zum olympischen Programm.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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