Geschichte des Haustiers:Bedingungslos ergeben

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Jeder Mensch wünscht sich den idealen Gefährten an seiner Seite. Treu soll er sein, und keinen eigenen Willen haben. Mit anderen Worten: ein Haustier.

Joachim Käppner

Wie wir alle leider wissen, ist die Beziehung zwischen Mensch und Haustier beiderseits von heftigen Emotionen begleitet. Was und ob überhaupt etwas im Tier vorgeht, hängt stark von der Art des Tieres ab. Katzen zum Beispiel verfügen über die rätselhafte Fähigkeit, sich ihre Halterinnen hörig zu machen. (Wie gesagt: nur zum Beispiel.) Die Frage ist: Entspricht das Tier dem, was der Mensch wirklich will? Der - der! - wünscht sich den idealen Gefährten an seiner Seite.

Meckert nicht, gibt dem Besitzer das Gefühl, Herr im Haus zu sein: der Hund. (Foto: Foto: dpa)

Die Frau ist das nicht. Selbst die beste aller Partnerinnen sagt irgendwann zu ihm: Da lagen schon wieder deine verdammten Wollsocken unter dem Küchentisch, und meine Mutter hat's gesehen. Oder, ein paar hundert Jahre vorher, konnten minne und frowenlieb noch so groß sein: Die Edelfrau im Schlafgemach war trotzdem nicht darüber erhaben, den ritterlichen Gemahl morgens anzumaulen: Als ich nächtens zum Aborte wollte, bin ich wieder über Eure verfluchten Beinschienen gestolpert.

Das Tier indes gibt keine Widerworte, es erkennt den Herrn an, es ist der Spiegel seiner Größe. Zur Ritterzeit beispielsweise führte dieser Umstand zu einer gewissen Verklärung des Falken. Der Stauferkaiser Friedrich II., der kein glückliches Händchen in Familiendingen hatte und den Karzer zeitweilig für den geeignetsten Aufenthaltsort der Gattin hielt, schrieb gar ein eigenes Buch über seinen Lieblingsvogel. Hunde hingegen waren seinerzeit weit von ihrem heutigen, deutlich über Kindern rangierenden, Status entfernt. Hunde waren dazu da, auf Leibeigene und flüchtende Wildsäue gehetzt zu werden und im Burggraben Wache zu schieben und zeitig zu kläffen.

Die Zeit solch artgerechter Haltung ist längst vorüber. Die Hunde haben die Sache gedreht. Sie geben dem modernen Besitzer das Gefühl, erstens gebraucht zu werden und zweitens Herr im Haus zu sein; Dinge also, von denen der mittelalterliche Hundebesitzer ohne weiteres ausgegangen ist, die aber im Leben des modernen Mannes nicht mehr selbstverständlich sind.

Das ist der Vorteil der Hunde und ihr Erfolgsgeheimnis. Sie vermitteln dem Halter den Eindruck, als könne er mit ihnen von gleich zu gleich sprechen, was erklärt, dass man sich das Tier frühmorgens loben hört für das schöne Geschäft, das es gerade in den kommunalen Grünanlagen verrichtet hat. Andere Tiere, wiewohl dem Hunde im mentalen Bereich weit überlegen, haben diese Gabe der Geschäftstüchtigkeit nicht; die Folge ist Enttäuschung.

Der Rabe wurde lästig

Viel wurde auch vom Raben erwartet. Seine Erscheinung ist weniger edel als die des Falken, dafür ist er (im Kopf) wesentlich heller. Gefangene Raben schaffen einen Wortschatz wie Papageien, sind geschickte Diebe und zu gefürchteten Scherzen aufgelegt. Wilhelm Raabe, bitte, das ist kein dummer Scherz, so hieß der Dichter halt, besaß in seiner Kindheit einen solchen Raben: "In meinem Elternhause wurde ein zahmer Rabe gehalten, der uns Kinder auf unseren Streifzügen wie ein Hund begleitete, uns auch in der Schule besuchte."

Später lässt er das kluge Tier in seinem Werk als Zimmergenossen des Magisters Buchius von Amelungsborn auftreten, doch da ist das Band zwischen Rabe und Mensch schon zerschnitten. Raabe: "Der Vogel trieb von Tag zu Tag mehr Unfug, und es wurde deshalb beschlossen, dem Raben den Garaus zu machen. Da ihm schwer beizukommen war, benutzte der junge Campe die Gelegenheit, ihn durch gezielten Schuß zu töten."

Der Mensch, das lernen wir daraus, will ein treues Tier, keines mit eigenem Willen. Der Rabe aber gibt, den Ehefrauen und anderen Mitmenschen gleich, auf seine Weise Widerworte. Er fügt sich nicht dem Willen des Herrn. Der berühmteste von allen ist gewiss Hans Huckebein. In Wilhelm Buschs Bildergeschichte pflegt das undankbare Biest die Tante in Finger und Nase zu beißen und ihre Likörgläser zu leeren. "Die Bosheit war sein Hauptplaisier", dichtet Busch und lässt den Vogel sich im Strickzeug erhängen, "drum - spricht die Tante - hängt er hier."

© SZ vom 01.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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