Film:Wo die wilden Kerle wohnen

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Stefany Pohlmann sucht und findet Kinderschauspieler für große Kinofilme: Sie ist Casterin. Im Interview erklärt sie, worauf sie achtet, wenn sie eine Rolle vergibt.

Interview von Barbara Hordych

Stefany Pohlmann sucht Schauspieler für Filme. Ihr Beruf heißt Casterin. Sie hat die Kinderdarsteller für so große Filme wie "Ostwind" und "Fünf Freunde" vorgeschlagen - dieses Jahr kam die komplett neue Besetzung der "Wilden Kerle" hinzu.

SZ: Wie gehen Sie bei Ihrer Suche vor?

Stefany Pohlmann: Wenn ich von einer Film- oder Fernsehproduktion den Auftrag erhalte, Kinderdarsteller zu suchen, schreibe ich etwa 100 Schauspielagenturen deutschlandweit an - das sind Firmen, die Schauspieler betreuen und sie an Auftraggeber vermitteln.

SZ: Wie viele Bewerbungen erhalten Sie dann?

Pohlmann: Das ist unterschiedlich. Als es jetzt um die neue Besetzung der "Wilden Kerle" ging, habe ich sieben Hauptdarsteller und ebenso viele Gegner gesucht. Dafür erhielt ich 3000 Bewerbungen.

SZ: Und die haben Sie alle getroffen?

Pohlmann: Nein. Meine Vorauswahl treffe ich anhand der Fotos, da sieht man schon unheimlich viel - wie ein Kind steht, wie es lächelt, wie es in die Kamera schaut. Ich habe mir dann etwa 600 Kinder persönlich angeschaut, bei einer ersten Castingrunde in verschiedenen Städten.

SZ: Was passiert bei der ersten Castingrunde?

Pohlmann: Da vertraue ich auf mein Bauchgefühl. Ich spiele mit dem Kind für etwa zwanzig Minuten eine Situation, die es mit einem Text vorbereiten sollte. Dabei merke ich sehr schnell, ob ein Kind wirklich Lust am Spiel hat, sich offen verhält und das umsetzt, was ich ihm sage.

SZ: Wie könnte so eine Situation aussehen?

Pohlmann: Ich habe zum Beispiel mit einem Mädchen eine Szene gespielt, in der ich ihre Mutter war. Mich hat das Mädchen überzeugt, das sich locker zu mir auf die Couch setzte, sich spontan traute, mir seine Beine quer über die Knie zu legen und anfing, mit mir zu plaudern - schließlich ging es ja darum, dass ich ihre Mutter sein sollte. Das Mädchen war übrigens Leonie Tepe, die damals ihre erste Filmrolle bekam. Sie hat später die Maria, eine Hauptrolle in den Kinofilmen "Vorstadtkrokodile" gespielt.

SZ: Was sagen Sie einem Kind, wenn Sie ihm eine Absage erteilen müssen?

Pohlmann: Mir hat ein Satz, den die Schauspielerin Anna Loos bei einem Casting zu ihrer Tochter Lilly Liefers gesagt hat, sehr gut gefallen. Ich verwende ihn immer wieder selbst gerne: Du kannst ein tolles Puzzleteil sein, aber das ist nicht das richtige Puzzle für dich. Das kann beim nächsten Mal, beim nächsten Film, schon komplett anders sein.

SZ: Sind Erfahrungen wie Schauspielkurse oder Schultheater von Vorteil?

Pohlmann: Ich kann nicht behaupten, dass die Kinder, die solche Kurse besuchen, zwingend anderen Kindern etwas voraushaben. Meiner Erfahrung nach kommt es auf andere Dinge an: Offen sein und sich vor der Kamera etwas trauen. Aber auch zuhören ist eine ganz wichtige Eigenschaft. Und damit meine ich, wirklich Ansagen des Regisseurs aufnehmen, nicht nur "ja, ja, ich weiß" sagen und es dann trotzdem nicht machen.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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