Familientrio:"Meine Frau findet, ich bin ein schlechter Hausmann"

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Chaos in der Küche durch Überforderung: Hausmann sein ist durchaus nicht zu unterschätzen. (Foto: imago/Westend61)

Er kümmert sich um Kinder und Haushalt. Sie geht arbeiten und meckert abends über das Chaos zu Hause. Wie lässt sich Streit vermeiden? Experten antworten.

Eine Leser fragt:

Meine Frau arbeitet, und ich kümmere mich um Haushalt und Kinder. Seit Kurzem fängt sie nach der Arbeit an zu schimpfen: "Wie sieht es hier aus? Was hast du den ganzen Tag gemacht?" Ich finde das ungerecht, weil diese Arbeitsaufteilung unsere gemeinsame Entscheidung war. Wenn ich das anspreche, kommt es zum Streit. Was kann ich tun? Klaus L., Nürnberg

Experten antworten:

Kirsten Boie: Reden, ohne gegenseitige Vorwürfe!

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk". (Foto: picture alliance / dpa)

Das ist schwierig - genau wie bei Paaren mit traditioneller Rollenverteilung! Manchmal hat der eine ein anderes Ordnungs- und Sauberkeitsverständnis als der andere. Und manchmal entsteht beim berufstätigen Partner das Gefühl, während er/sie sich mühsam durch den Tag gequält hat, macht sich der/die zu Hause Gebliebene eine vergnügte Zeit, sonst könnte es ja im Haus nicht so aussehen. Spielzeug auf dem Boden, nicht gebügelte Wäsche, schmutzige Töpfe: Wie soll man da abschalten können nach einem anstrengenden Tag? Hat Ihre Frau sich je um Haushalt und Kinder gekümmert? Weiß sie, welche chaotischen und erwarteten Aufgaben zu bewältigen sind, die sich mit unterschiedlichem Alter der Kinder immerzu ändern? Und umgekehrt: Wissen Sie, worauf es Ihrer Frau vor allem ankommt? Männer scheinen gelassener mit dem Thema Haushalt umzugehen, vielleicht, weil sie nicht von Kindheit an darauf vorbereitet worden sind, solche Dinge als wichtige Aufgaben aufzufassen. Ich vermute, das Einzige, was hilft, ist: Reden, ohne gegenseitige Vorwürfe!

Jesper Juul: Bitten Sie sie um konstruktive Vorschläge.

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie. (Foto: Franz Bischof)

Sagen Sie Ihrer Frau: "Wenn du findest, dass ich ein schlechter Hausmann bin und du dazu ein paar konstruktive Vorschläge hast, schreib sie mir bitte auf, und ich werde mir Zeit nehmen, mit dir darüber zu sprechen. Wenn du einfach nur frustriert bist oder dich schuldig fühlst, dann finde bitte einen anderen Weg, um damit zurechtzukommen. So, wie du das im Moment handhabst, tut mir das weh, und es nimmt mir meine Freude und Energie." Genau das haben wir Hausfrauen vor dreißig, vierzig Jahren geraten, und es hat öfter funktioniert, als dass es nicht funktioniert hätte.

Katia Saalfrank: Sprechen Sie sich aus!

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung. (Foto: picture alliance / dpa)

Es ist schwierig, einen so eingefahrenen Konflikt im Alltag anzusprechen. Laden Sie Ihre Frau deshalb zu einem Gespräch am Abend ein: Nur Sie beide, machen Sie dafür einen richtigen "Termin" aus. Suchen Sie sich einen ruhigen Platz und sorgen Sie dafür, dass Sie nicht gestört werden. Setzen Sie sich gegenüber, sodass Sie sich gut anschauen können. Nun geht es darum, dass Sie von sich selbst sprechen. Erzählen Sie, wie es Ihnen geht, wenn Sie sich am Abend auf Ihre Frau freuen und dann diese Vorwürfe erfahren. Senden Sie Ich-Botschaften, denn ein persönlicher Dialog kann vor allem dann gelingen, wenn die Gesprächspartner wirklich persönlich werden und von ihren Empfindungen, Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Wünschen sprechen. Dafür ist es wesentlich, dass wir in den Formulierungen achtsam sind, sodass kein verbaler Angriff auf den Gesprächspartner entsteht. Nehmen Sie sich eine Redezeit von 15 Minuten und bitten Sie Ihre Frau, nur zuzuhören. Nach dieser Zeit ist sie dann dran. Vielleicht kann Sie Ihnen auch erzählen, wie ihr Tag so aussieht. Ziel ist es, dass Sie in einen Austausch kommen und dem anderen von Ihren Gedanken berichten, ohne Vorwürfe zu senden. Ein solches Gespräch kann Wunder bewirken und Entlastung herbeiführen, wenn nicht die Erwartung besteht, dass der andere etwas ändert, sondern der Austausch im Mittelpunkt steht.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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