Familien-Newsletter:Die Wirklichkeit ist so viel bunter

Lesezeit: 1 min

Unterstützer der Drag-Lesung in München sammeln sich. (Foto: Florian Peljak/Florian Peljak)

Manche Menschen schüren Ängste vor trans Personen, vor einer Drag-Queen-Lesung in München gab es Proteste. Dabei ist die Mitte der Gesellschaft längst weiter.

Von Vera Schroeder

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

gemeinsam mit meiner Kollegin Christina Berndt durfte ich vor wenigen Wochen den Psychiater Georg Romer aus Münster zum Thema Transgeschlechtlichkeit in der Kinder- und Jugendmedizin interviewen. Es wurde ein eindrückliches, grundsätzliches Gespräch ( hier können Sie es nachlesen). Man hat gemerkt, wie stark die Begegnung mit mehr als 600 trans Jugendlichen in den vergangenen zehn Jahren das Denken des Arztes heute prägt. Er betonte, dass er - trotz aller öffentlichen Polarisierung - in seiner Praxis tagtäglich erlebt, "wie tolerant und fortschrittlich in der Mitte der Gesellschaft mit allem dort bereits gelebt wird, wo Menschen mit trans Kindern und Jugendlichen wirklich in Kontakt sind."

Daran musste ich denken, während sich hier in München und vor allem im Internet in den vergangenen Tagen ein wirklich trauriges Schauspiel um eine Drag-Queen-Lesung in einer Stadtbibliothek beobachten ließ. Meine Kollegin Kathleen Hildebrand berichtete hier darüber. Erneut wurde deutlich: Während die mediale Debatte und die Aufregung im Internet ziemlich scharf geführt wurde und Politiker von Afd bis Aiwanger versuchten, das Feld für sich zu nutzen, standen auf der Straße vor der Bibliothek vor allem gut gelaunte und furchtlose Familien mit Regenbogenfahnen. Die realen menschlichen Begegnungen da, wo die Lesung stattgefunden hat, waren viel bunter, freundlicher und vielfältiger, als die entfernte, polarisierte Debatte im Netz - wo zu oft vor allem die diskutieren, die noch nie einem trans* Kind wirklich begegnet sind, oder auch nicht wissen, was eine Drag-Queen ist.

Ich finde das eine gute Nachricht, dass das echte Leben da, wo es drauf ankommt, weiter zu sein scheint, als anstrengende Kulturkampfdebatten. Und wünsche mir manchmal, dass Menschen, die sich mit einem Thema nicht auskennen, etwas mehr zuhören und versuchen, mit Betroffenen wirklich ins Gespräch zu kommen, als ohne viele Kenntnisse und voller Ressentiments los zu diskutieren.

Was denken Sie darüber? Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben.

Ein schönes Wochenende wünscht

Vera Schroeder

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