Familien-Newsletter:Braucht es die Bundesjugendspiele noch?

Lesezeit: 2 min

Ehrenurkunde, Siegerurkunde - oder doch nur eine Teilnehmerurkunde? (Foto: BMFSFJ/dpa)

Kinder müssen sich mehr bewegen, sagen die einen. Aber doch nicht dringend um die Wette, entgegnen die anderen. Über die geplante Reform der Bundesjugendspiele.

Von Barbara Vorsamer

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie haben Sie als Kind die Bundesjugendspiele erlebt?

Daran scheiden sich ja die Geister. Für die einen war es der beste Tag im Schuljahr, endlich mal über den Sportplatz rennen anstatt sich den Hintern platt zu sitzen. Für die anderen war es ein Tag der Niederlagen, an dem sie erst Sekunden nach all den anderen die Ziellinie erreichten und beim Weitsprung froh waren, wenn sie sich nicht den Knöchel verdrehten.

Ich gehörte zur zweiten Gruppe. In der Grundschule nannten sie mich "Barbara Langsamer" statt Barbara Vorsamer und ich kann mich nicht erinnern, je eine Urkunde bekommen zu haben (gab es die Teilnehmerurkunde früher schon?). Wäre ich nicht grundsätzlich gegen die inflationäre Verwendung des Wortes "traumatisch" - für die Bundesjugendspiele würde ich es hervorholen.

Nun sollen die Spiele für Grundschulkinder reformiert werden. Statt die Leistungen zentimetergenau nachzumessen und in gnadenlose Punktetabellen einzutragen, soll es künftig "Zonen" geben. Schulen dürfen zusätzliche Disziplinen anbieten und die Urkunden werden nicht mehr nach bundesweitem Punktesystem vergeben, sondern an die Besten der jeweiligen Schule. "Ein vollkommen richtiger Ansatz", findet meine Kollegin Mareen Linnartz und hofft, dass es künftig mehr um Freude an der Bewegung gehen wird. "Das präzise Messen von Zeiten hilft Kindern, sich anzustrengen und zu verbessern", entgegnet mein Kollege Vinzent Tschirpke. Hier können Sie das Pro und Contra der beiden lesen.

Für mich als Kind hätte es keinen großen Unterschied gemacht, ob ich für meine 9,9 Sekunden auf 50 Meter nun die Note 4 bekommen hätte, oder 194 Punkte, oder in irgendeine Zone sortiert worden wäre. Es war die Bewertung an sich, die mir den Spaß an der Bewegung derart vermieste, dass ich erst mehr als ein Jahrzehnt später wieder damit anfing.

Dabei sollte es doch darum gehen: um Beweglichkeit und Freude, um den Körper und um Gesundheit. Alles Dinge, die viel zu kurz kommen im Alltag vieler Kinder, heutzutage muss man ja froh sein, wenn Sportstunden nicht aufgrund des Lehrermangels ohnehin dauernd ausfallen.

Meine Utopie wäre daher: zwei Stunden Bewegung täglich - aber ohne Bewertung. Und bevor es jetzt jemand ungerecht findet, dass die Schlauen in Mathe gute Noten absahnen und die Schnellen in Sport nicht ausgleichen können: Meinetwegen könnte man Noten in der Grundschule in allen Fächern abschaffen. Kinder, die Lust auf Wettkampf haben, können ja in den Sportverein gehen oder einem Schachclub beitreten.

Wie sehen Sie das? Ich freue mich auf Ihre Nachrichten.

Ein schönes Wochenende wünscht

Barbara Vorsamer

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