Familie:Und jetzt?

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Wenn sich Eltern scheiden lassen, macht sich bei Kindern Unsicherheit breit. Sie sind wütend und wissen nicht, was auf sie zukommt. Wie läuft eine Scheidung ab? Ein Überblick.

Von Wolfgang Janisch

Wenn Eltern beschließen, dass sie sich scheiden lassen, herrscht Ausnahmezustand. Oft gibt es Streit zwischen den Eheleuten, die sich einst die Liebe versprochen haben, böse Worte fallen - und für die Kinder macht sich mit einem Schlag eine große Unsicherheit breit: Wo werden wir wohnen, bei wem werden wir bleiben - beim Vater, bei der Mutter?

Zerstrittene Eltern sind häufig nicht in der Lage, gemeinsam eine vernünftige Lösung für die getrennte Familie zu finden. Deshalb ist in mehreren Gesetzen und in vielen Einzelheiten geregelt, wie eine Scheidung abläuft und was man dabei beachten muss. Ehen werden deshalb auch immer von einem Familienrichter geschieden. Normalerweise müssen Mann und Frau vorher ein Jahr lang getrennt leben. Danach ändert sich vieles - womöglich sogar der Name. Hat zum Beispiel die Frau den Namen des Mannes angenommen, kann sie nach der Scheidung wieder ihren früheren Namen zurückbekommen.

Wer wohnt wo?

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Für die meisten Kinder ist es erst mal schlimm, wenn es ihre Eltern nicht mehr miteinander aushalten und die Familie zerbricht. Die Kinder brauchen Zeit, bis sie sich an das neue Leben gewöhnen. Ein Familiengericht versucht zu helfen, damit bald wieder Ruhe einkehren kann. Kinder dürfen wütend sein, wenn sich ihre Eltern trennen. Aber sie sollten auf keinen Fall die Schuld bei sich suchen. Bei einer Scheidung geht es immer um Streit zwischen Erwachsenen. Die Kinder haben darauf keinen Einfluss.

Bei Mama

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In Deutschland leben geschiedene Familien am häufigsten so: Beide Eltern teilen sich das Sorgerecht. Doch die Kinder wohnen nur mit einem Elternteil zusammen, oft ist das die Mutter. Dann besuchen sie den Vater regelmäßig, zum Beispiel jedes zweite Wochenende und einige Wochen in den Ferien. Wie häufig diese Besuche stattfinden, machen Eltern und Kinder miteinander aus. Wenn sich die Eltern streiten, kann das ein Richter entscheiden. Sollten sich später Hobbys und Verpflichtungen an den Wochenenden ändern, kann man die Vereinbarung anpassen.

Zwei Zuhause

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Eine Lösung für Eltern, die sich die Erziehung teilen wollen: Die Kinder haben zwei Zuhause - eines bei Mama, eines bei Papa - und wohnen abwechselnd bei ihren Eltern, zum Beispiel eine Woche hier und eine Woche dort. Das geht, wenn die Wohnungen der Eltern nicht weit entfernt sind. Denn dann können die Kinder von beiden aus ihre Schule und Freunde erreichen. In Ländern wie Australien, den USA oder Schweden wählen viele geschiedene Familien diese Art des Zusammenlebens - zumindest für einige Jahre. In Deutschland ist die Idee noch nicht weitverbreitet.

Das größte Haus für die Kinder

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Ebenfalls möglich: Aus dem ehemaligen Familienheim wird das Heim der Kinder. Sie wohnen immer im selben Haus, und die Eltern betreuen die Kinder abwechselnd. Es lebt also beispielsweise eine Woche die Mutter im Haus der Kinder, dann eine Woche der Vater. Wenn sie nicht bei den Kindern sind, verbringen sie die Nächte in ihren eigenen Wohnungen. Hier braucht man also nicht zwei große Zuhause, sondern zum Beispiel eine große Wohnung und zwei kleine. In Deutschland ist das noch ziemlich selten, in Schweden aber nicht unüblich.

Die wichtigste Frage aber ist: Was wird mit den Kindern? Bleiben sie beim Vater oder bei der Mutter? Verheiratete Paare entscheiden alle Dinge gemeinsam, die für die Kinder wichtig sind - den Wohnort, die Schule, aber auch, ob sie sich für eine Sommerfreizeit mit der Jugendgruppe anmelden dürfen. Man nennt dies das "Sorgerecht". Sind die Eltern geschieden, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder behalten beide das Sorgerecht und treffen damit nach wie vor die wichtigsten Entscheidungen gemeinsam, zum Beispiel, ob das Kind ein halbes Jahr zum Schüleraustausch ins Ausland darf (Bei einem normalen Ausflug und den vielen alltäglichen Entscheidungen reicht dagegen das Okay des Elternteils, das die Kinder betreut). Andere Möglichkeit: Die Mutter oder der Vater darf alle Entscheidungen allein treffen. Das ist die Ausnahme. Ein Richter kann das anordnen, und zwar dann, wenn es das Beste für das "Wohl des Kindes" ist. Das heißt: Der Richter wird auch die Kinder nach ihrer Meinung fragen, wenn sie alt genug dafür sind. Und wer schon 14 Jahre alt ist, darf hier sogar ein wenig mitentscheiden.

Streit gibt es bei einer Scheidung natürlich auch um das Geld, das man zum Leben braucht - für die Mietwohnung, für die Einkäufe im Supermarkt, für die Musikschule oder den Computer. Dafür gilt folgende Regel: Wer zu Hause ausgezogen ist und damit die Kinder nicht mehr betreut, muss "Unterhalt" zahlen. Wie viel, das steht in einer Tabelle und hängt vom Einkommen ab, aber auch vom Alter des Kindes. Beispiel: Sorgt die Mutter für die Kinder und verdient der Vater - er ist weggezogen - 3500 Euro im Monat, muss er für einen Elfjährigen 466 Euro im Monat zahlen. Auch für seine Ex-Frau muss er Unterhalt zahlen, zumindest so lange sie nicht arbeiten gehen kann, weil sie die Kinder betreut.

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So bedrückend so ein Scheidungsverfahren vor Gericht für die ganze Familie sein kann: Das Ziel ist, dass am Ende die wichtigsten Fragen geregelt sind und wieder ein bisschen Ruhe einkehrt. Und dass das gemeinsame Vermögen der Familie gerecht geteilt ist. Wobei: Den Tisch, den Schrank oder das Sofa kann man ja nicht auseinandersägen. Das alles darf deshalb in der Wohnung bleiben, in der die Kinder wohnen.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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