Deutscher Alltag:In diesem mühsamen Nirgends

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Aus Briefen, die Rilke seinen Verehrerinnen schickt, entsteht ein bedeutender Teil seiner Literatur: der Dichter um 1905 in seinem Arbeitszimmer. (Foto: Fine Art Images/Heritage Images/IMAGO)

Déjà-vu in der Migrationspolitik: Warum manche Debatte gar nicht neu ist - schon Rilke wusste, was die Klimaaktivisten umtreibt.

Eine Kolumne von Kurt Kister

Auf Deutsch heißt das Phänomen "Erinnerungstäuschung", auf Französisch, und das klingt eindeutig besser, heißt es Déjà-vu. Das bedeutet: schon einmal gesehen. Und es bezeugt außerdem, dass vieles, was sich auf Französisch oder Italienisch gut, manchmal sogar leicht anhört, im Deutschen so wirkt, als entstamme es einer Verfügung des Landratsamts oder dem Versuch eines Betriebswirts, poetisch zu sein. Selbst die große, wirkliche Poesie ist hierzulande sprachlich oft sehr ernsthaft, wenn sie nicht gerade von Robert Gernhardt stammt. "Jede dumpfe Umkehr der Welt hat solche Enterbte, / denen das Frühere nicht und noch nicht das Nächste gehört", schrieb Rainer Maria Rilke in der siebten seiner Duineser Elegien und hätte damit fast "Fridays for Future" meinen können. "Ich beklage mich nicht. Ich beklage die, / denen mein Zweifel gleichgültig ist", heißt es in Hans Magnus Enzensbergers Gedicht "Zweifel". Kann man auch auf die Klimaprotestler beziehen, wenn man möchte. Ein gutes, ernsthaftes, deutsches Gedicht ist eben überzeitlich und multitaskingfähig.

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