Apotheker warnen:Vorsicht vor dem Klick

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Apotheker schlagen Alarm: Angeblich ist mehr als jedes zweite im Internet angebotene Medikament gefälscht. Die Einnahme kann lebensgefährlich sein.

Die Zahl der gefälschten Medikamente aus dem Internet steigt von Jahr zu Jahr an und sogar die Angst vor der Schweinegrippe nutzen Arzneimittelfälscher aus: Im Internet werden nach Erkenntnissen von Apothekern seit Beginn der Erkrankungswelle verstärkt Plagiate des Grippemittels Tamiflu angeboten, die wirkungslos oder sogar gesundheitsschädigend sein können.

Nebenwirkungen unberechenbar: Gefälschte Arzneimittel wirken im schlimmsten Fall tödlich. (Foto: Foto: AP)

Die niedersächsische Apothekerkammer hat deswegen Alarm geschlagen, denn gefälschte Pillen aus dem Internet können im schlimmsten Fall tödlich sein. "Über 50 Prozent der über das Internet vertriebenen Medikamente sind inzwischen Fälschungen. Wir fordern fälschungssichere Arzneimittel-Verpackungen", sagte die Präsidentin der Apothekerkammer, Magdalene Linz.

Gefahren gehen aber nicht nur von sogenannten Lifestyle-Pillen wie Schlankheitsmitteln oder der Potenzpille Viagra aus, die eigentlich verschreibungspflichtig ist und die viele Verbraucher deswegen lieber anonym per Post bekommen wollen. Auch ganz normale Medikamente werden gefälscht. Für die Verbraucher sei dies in der Regel nicht zu erkennen, warnte die Apothekerkammer-Präsidentin.

Die Gewinne mit dem Geschäft mit gefälschten Pillen sind riesig und nach Angaben von Landeskriminalamt-Experten um ein vielfaches höher als beispielsweise bei Rauschgift. So könnten kriminelle Hersteller und Händler mit einem Kilo Viagra das 1600-fache des investierten Geldes verdienen.

"Das ist ein irrsinnig lukratives Geschäft. Und das einzige, was sie zum Bestellen auch von verschreibungspflichtigen Arzneien im Internet brauchen, ist eine Kreditkarte", sagte der Kölner Professor Harald Schweim, der sich seit langem mit Arzneimittelfälschungen befasst.

Das niedersächsische Landeskriminalamt registrierte eine Zunahme der Straftaten im Arzneimittelbereich um fast 100 Prozent in den vergangenen fünf Jahren, sagte Ermittler Volker Kluwe. Der Fall eines jungen Mädchens aus Hannover, das 2008 an einem illegalen Schlankheitsmittel aus dem Internet gestorben war, veranlasste die Fahnder, diesen Bereich verstärkt unter die Lupe zu nehmen.

Beim Zoll macht die Anzahl der Verfahren wegen der Einfuhr von illegalen Medikamenten aus dem Ausland inzwischen fast ein Drittel der gesamten Arbeit aus. Bundesweit wurden 2008 rund 4,8 Millionen illegale Tabletten vom Zoll beschlagnahmt. "2009 sind die Zahlen erneut gestiegen", sagte Zollfahnder Wolfgang Schmitz. Er beobachtet, dass die Fälschungen inzwischen auch vermehrt innerhalb von Deutschland selbst hergestellt werden. So sei in Hessen erst kürzlich im Keller eines Einfamilienhauses eine riesige Produktionsstätte entdeckt worden.

Deutsche Apotheken dürfen seit 2004 ebenfalls legal Medikamente über das Internet vertreiben. Dabei könne man zwar theoretisch grundsätzlich sicher sein, kein gefälschtes Präparat zu bekommen, trotzdem bleibe aber ein Restrisiko. "Woran erkenne ich im Netz sicher, ob es sich wirklich um eine geprüfte deutsche Apotheke handelt?", fragte Kammerpräsidentin Linz. Das Gütesiegel dafür könne auch gefälscht werden. Sie rät deswegen dazu, grundsätzlich direkt in einer Apotheke einzukaufen.

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