Will Smith und Pocher bei Kerner:Der doppelte Pocher

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Smitheinander bei Ingwertee: Will Smith und Oliver Pocher verbrüdern sich gegen Johannes B. Kerner. Zur gleichen Zeit sehen Harald Schmidt und noch einmal Pocher in der ARD zu.

Maria Holzmüller

Das Geheimnis des Erfolgs sind also die Ohren. Will Smith verkündete es mit Nachdruck, Johannes B. Kerner nickte mit kindlichem Staunen und Oliver Pocher auf dem Sessel daneben sah zu, zunächst jedenfalls. Er konnte sich ja eigentlich bequem zurücklehnen. Ob es nun an seinen Ohren - nicht ganz so dominant wie die von Will Smith, aber dennoch gut sichtbar - lag oder nicht. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen führte an diesem Abend kein Weg an ihm vorbei: Oliver Pocher als Late-Night-Doppelspitze.

"Hallo Harald, bei Kerner ist es heute viel witziger als bei dir!" Die Komiker Will Smith und Oliver Pocher in Johannes B. Kerners Sitzlandschaft. (Foto: Foto: ZDF)

Während er in der ARD in "Schmidt & Pocher" zu gewohnter Zeit mit gewohntem Partner und den gewohnt durchschnittlichen Gags als Dirk-Bach-Dschungel-Kugel-Double mit "Tarantelmöpsen" und kleinen Kätzchen kämpfte, wartete er im ZDF im cremefarbenen Gäste-Sessel auf die geplante Inszenierung des Highlights: Kerner lädt Will Smith ein und holt sich Pocher als Verstärkung. Das Ganze wurde aufgezeichnet und war deshalb jederzeit strategisch günstig platzierbar.

Pocher war an diesem Abend der berühmte Diener zweiter Herren, der Profiteur zwischen zweien, die sich streiten. Da ist zum einen Harald Schmidt, dessen sarkastischer Intellekthumor über die Jahre an Schärfe ab und an Vorhersehbarkeit zugenommen hat, und zum anderen Johannes B. Kerner, der mit schräg geneigtem Kopf und dem "Ich-habe-Verständnis-für-alles"-Blick eher der Mann fürs Schluchzen, als fürs Jauchzen ist. Auf dem Bildschirm meiden sie den Kontakt, doch sie hatten die gleiche Eingebung: Pocher soll es retten. Und er rettet, was zu retten ist.

So wurde Pocher am Donnerstagabend sendergerecht zwischen ARD und ZDF aufgeteilt: Von 22:45 bis 23:25 Uhr bemühten sich Schmidt und Pocher routinemäßig witzig zu sein, was nur mäßig gelang, nicht zuletzt aufgrund der Anwesenheit der verbissenen Sängerin und Moderatorin Ina Müller, die jede Entwicklung eines spontanen Gagabtausches der ohnehin müden Moderatoren konstant unterband.

Einziges Fünkchen, das für Zündstoff sorgte: der Parallelauftritt von Pocher im ZDF, den Harald Schmidt selbstironisch als "Seitensprung" seines TV-Partners zum Running Gag machte: "Hast du überhaupt noch Zeit? Du musst doch gleich zu Kerner rüber." Dort war Oliver Pocher erst von 23:25 Uhr an zu sehen, eine halbe Stunde lang parallel zu sich selbst in ARD und ZDF.

Während Pocher noch versuchte, Leben in seine eigene Sendung zu bringen und Harald Schmidt mit hängenden Haaren müde und abgeklärt die restlichen Gags des Abends abarbeitete, sprach bei Kerner Mietrechtsexperte Dr. Eckard Pahlke über Nebenkosten- und Heizkostenabrechnung. Oliver Pocher saß daneben und schwieg. Erst als er im Ersten verstummte, fing er bei Kerner an zu reden und beantwortete harmlose Fragen zu seinen Vorsätzen für 2009 (gibt es keine), zu seiner Sylvesterfeier (mit Otto Waalkes in Florida) und zu seinen Heiratsplänen (nichts Konkretes). Es plätscherte dahin wie das warme Ingwerwasser, das während der Sendung Kerners Kehle hinunterlief.

Warum Oliver Pocher wirklich in die Sendung kam, in die auch Will Smith geladen war, daraus machte Kerner keinen Hehl: "Ich bin überhaupt nicht lustig." Das war aber auch gar nicht nötig: Will Smith kam, sah, drückte Johannes B. Kerner an sein Herz und zog seine Show vom netten, bescheidenen Strahlemann ab. Ob Kerner oder Schmidt, ihm hätte jeder gegenübersitzen können. Kerner war von so viel überschwänglicher Energie sichtlich überrumpelt. Als er dann auch noch Will Smiths Ohren kneten sollte, um den Schlüssel seines Erfolges in Händen zu halten, schien Kerner sich für einen Moment zwischen totaler Verwirrung und sprachloser Bewunderung für seinen Gast zu verlieren. Dann griff er beherzt zu.

Nur dreckiges Wasser

Die Lacher auf seiner Seite machten Kerner leichtsinnig, er verfiel dem Glauben, es mit Will Smith doch alleine aufnehmen zu können. So ließ er Oliver Pocher außen vor, fragte nach Familienwerten, Smiths Begeisterung für Obama und seinem Rezept für eine glückliche Ehe. Da plätscherte es wieder, das Ingwerwasser.

Und das wurde Will Smith zu langweilig, auch wenn er mit großer Emphase seine Hollywood-Plattitüden von Gleichheit, der Symbolkraft seines Erfolges und der Wichtigkeit von Bildung platzieren konnte. Gleich einem Schuljungen suchte er die kindliche Verbrüderung gegen den ewigen Onkel Kerner - und fand sie in Oliver P.

Pocher sprach aus, was er von Kerners Ingwertee hielt, "Das ist doch nur dreckiges Wasser", und legte die Rollen für den Rest des Abends fest: Smith & Pocher als Zwei-Mann-Schau - Kerner guckt zu. Und er fügte sich seiner Rolle. Ein behutsam eingeworfenes "Darf ich auch noch mal eine ernste Frage stellen?" kann nicht mal als Versuch gewertet werden, die Sendung noch zu wenden.

Und Harald Schmidt? Er erhielt in Kerners Sendung eine Ehrenrunde: Schmidt zehn Jahre jünger, in einer Video-Einspielung. Damals bei ihm zu Gast: Will Smith. Im Publikum: Oliver Pocher. Schmidt trug damals die Haare kurz, seine Ohren waren gut zu sehen.

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