Wettbewerb:Arabische Untertöne

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Maximilian Shaikh-Yousef gewinnt den Nachwuchs-Jazzpreis

Von Oliver Hochkeppel, München

Speziell im Jazz ist Wettbewerb eine zweifelhafte Angelegenheit. Geht es doch hier - noch mehr als in anderen Genres - darum, "sein Ding zu machen", was bei der Beurteilung schnell im subjektiven Faktor endet. Und im explodierenden Nachwuchsbereich ist herausragende Spieltechnik inzwischen Standard, so dass das Handwerk als Kriterium oft entfällt. Dass die Zahl der Jazz-Wettbewerbe zunimmt, hat trotzdem Sinn. Einmal landet das wenige für Jazz ausgelobte Geld so bei den Richtigen. Zum anderen kann man damit mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregen, vielleicht das wichtigste Gut in dieser Nische. Und schließlich sind spannende, abwechslungsreiche und hochklassige Konzertabende garantiert. Wie jetzt wieder bei der siebten Ausgabe des jungen Münchner Jazzpreises.

Die ehrenamtliche Nachwuchsförderung des vom Jazz-begeisterten Radiologen Andreas Heuck gegründeten Vereins Mucjazz hat sich dank seines durchdachten Konzepts mittlerweile etabliert. Was man nicht nur an den angedockten Kooperationspartnern (die Stadt mit Oberbürgermeister Dieter Reiter als Schirmherr, der Bayerische Rundfunk, die Kulturstiftung der Bayerischen Versicherungskammer und die Unterfahrt) und am ausverkauften Abend sieht, sondern auch daran, dass etliche der bisherigen Preisträger danach eine beachtliche Karriere gemacht haben.

Die darf man nun auch allen drei aus 34 Bewerbern ausgewählten Finalisten prophezeien. Das Berliner Quartett Leléka war bei Kennern der Szene vielleicht schon der Favorit. Immer wieder berührend und beeindruckend ist die Präsenz und die angesichts ihrer Zierlichkeit unvermutete Kraft in der Stimme von Viktoria Leléka. Ihr Konzept ist einzigartig: sie überführt ukrainische Volkslieder in den Jazz-Kontext, auch mal mit Vokalisen oder Scatgesang. Dazu kommt die exzellente Band, zu ihr gehört der jeden Ton mit seltener Prägnanz setzende Bassist Thomas Kolarczyk. Er bekam völlig zu Recht den ebenfalls ausgelobten Solistenpreis.

Trotzdem reichte es für die Sängerin aus der Ukraine und ihr Quartett nur zu Platz zwei, weil das Mainzer Quartett des Saxofonisten Maximilian Shaikh-Yousef, der selbst aus Frankfurt stammt, seine Idee noch ein wenig schlüssiger und jazziger präsentierte. In famos durchgearbeiteten Kompositionen geht bei Shaikh-Yousef moderner europäischer Jazz eine feinsinnige, dennoch nie überzogene Allianz mit arabischen Untertönen, kleinen Verzierungen und rhythmischen Akzenten ein. Selbst das drittplatzierte JMJ Trio aus Dresden mit Mikołaj Suchanek am Piano, Jannik Kerkhof am Schlagzeug und dem eindrucksvoll stoischen Jonas Mielke am fünfsaitigen Fretless-E-Bass hätte mit seinen immer interessanten, äußerst wuchtigen Stücken wohl eine gute Chance auf den Sieg gehabt, wenn es noch ein bisschen besser aufeinander eingespielt gewesen wäre, und manches Thema etwas ruhiger ausgespielt hätte. Die Luft wird jedenfalls immer dünner für Jurys. Diese hat aber alles richtig gemacht.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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