Werkschau:Liebesgrüße aus Pjöngjang

Lesezeit: 2 min

Das Werkstattkino zeigt die Filme von Yang Yonghi, die auf sehr persönliche Weise die koreanische Teilung aufarbeiten. Die Regisseurin ist zu Gast in München

Von Fritz Göttler

Es ist ein wenig wie in einem Märchen - ein Mädchen lebt mit ihren Eltern in ihrem Häuschen, der Vater hat die Brüder hinausgeschickt in die Welt, in ein fremdes Land. Die Schwester sehnt sich nach den Brüdern, sie möchte wissen, was aus ihnen geworden ist, und muss also auch versuchen, den Vater zu verstehen und ihre eigene Beziehung zu ihm.

Ein Märchen ist es, das man in den Filmen von Yang Yonghi findet, aber auch ein bewegendes und kluges Porträt der asiatischen Welt in den vergangenen fünfzig Jahren. Zwei Dokumentarfilme hat Yang Yonghi in den letzten zwölf Jahren gedreht und einen Spielfilm, nun werden sie im Werkstattkino gezeigt in einer Werkschau, programmiert von Susanne Mi-Son Quester. Die Filmemacherin wird anwesend sein.

Yang Yonghi wurde 1961 in Osaka geboren. Ihre Familie gehört zu den Zainichi, so nennt man die in Japan lebenden Koreaner, sie erfahren stärkste Diskriminierung und haben wenig Möglichkeiten, eine gute bürgerliche Existent zu schaffen. Yang Yonghis Vater war aus Südkorea nach Japan emigriert, und die Teilung seines Heimatlandes, der Koreakrieg, die Entwicklung des Südens zur Militärdiktatur machten ihn zum Menschenrechtsaktivisten, zogen ihn auf die Seite des nordkoreanischen kommunistischen Regimes. Um dieses zu unterstützen, sandte er 1971 seine drei Söhne, im Teenageralter, nach Nordkorea - den ältesten als ein Geschenk für den Diktator Kim Il Sung, zum sechzigsten.

Familie ist ihr großes Thema: Auch in ihrem Spielfilmdebüt "Our Homeland" aus dem Jahr 2012 hat Yang Yonghi Elemente ihrer eigenen Geschichte verarbeitet. (Foto: Neues Asiatisches Kino/Werkstattkino)

Sie wussten nichts über Nordkorea, sagt Yang Yonghi von ihren Eltern, aber sie hatten große Erwartungen. Die Tochter will es besser wissen, also fängt sie an, mit der Kamera Vater und Mutter zu befragen, fährt viele Male zu den Brüdern nach Pjöngjang, bei der ersten Fahrt war sie siebzehn, seit 1995 nimmt sie ihre Videokamera mit. Sie macht zwei Filme aus dem Material, "Dear Pyongyang", 2005, und "Sona, the Other Myself", 2009, über ihre Nichte Sona und ihre stille Fröhlichkeit. Weil sie kein Besucher-, sondern ein Angehörigenvisum hat, kann sie sich freier bewegen. Und weil sie Familienfilme macht, bringt sie die politische Wirklichkeit genauer, schmerzlicher auf den Punkt: die Mega-Paraden mit ihren absurden Slogans, die Betonbauten, aus denen sich alle Farben verkriechen, die schönen Gesichter der Frauen und Männer, ihr kleines Glück.

Der Vater ist eine traurige Figur, er verzichtet darauf, sich vor der Lächerlichkeit zu schützen. Einmal hat er die Brust mit blechernen Orden vollgehängt wie ein Kind. Unbeweglich ist er, jede neue Einsicht schmerzt. Aber dann singt er plötzlich ein Lied: "Ein Lehrer kommt ins Dorf mit den Zugvögeln. Ein achtzehnjähriges Mädchen verliebt sich in den Lehrer - ein Junggeselle. Mein Lieber, geh nicht nach Seoul zurück, bitte geh nicht zurück . . ." Als ein Bruder nach Osaka kommt, stoppt Yang Yonghi das Filmen - um seine Begegnung mit der Familie, mit dieser anderen Welt nicht zu zerstören. Aber sie war immer bei ihm und hat mit ihren Augen gefilmt, und aus diesem Material hat sie 2012 den Spielfilm "Our Homeland" gemacht.

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Werkschau Yang Yonghi , Donnerstag, 12. Januar, bis Mittwoch, 18. Januar, jeweils 20 Uhr, Werkstattkino, Fraunhoferstraße 9; bis Sonntag wird die Filmemacherin anwesend sein

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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