Welterbe:Der Ausgang des Menschen

Lesezeit: 1 min

35 000 Jahre alt: das Mammut aus der Vogelherdhöhle bei Niederstotzingen. (Foto: dpa)

Die Höhlen auf der Schwäbischen Alb, wo man die älteste bekannte Eiszeitkunst entdeckte, werden jetzt auch ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen.

Von Johan Schloemann

In der Höhle begann die Magie, aber auch die Aufklärung - beides zugleich. In der Höhle begann der Mensch vor rund 40 000 Jahren, sich Bilder zu machen, aber auch Schmuck und Musikinstrumente. Jetzt hat die Unesco, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, einen der wichtigsten Fundorte solcher frühen Artefakte zum Weltkulturerbe erklärt: sechs Höhlen auf der Schwäbischen Alb.

Dort, im westlichen und nördlichen Umkreis von Ulm, hat man seit dem 19. Jahrhundert ein ganzes Arsenal der ältesten Eiszeitkunst entdeckt: den "Löwenmenschen"; die erst seit 2008 bekannte "Venus vom Hohlefels", die älteste bekannte Frauenfigur der Welt; außerdem geschnitzte Wildpferde, Mammuts, Vögel und nicht zuletzt Flöten aus Vogelknochen und Elfenbein, mit denen die greifbare Musikgeschichte der Menschheit beginnt. Unter hohem Daseinsdruck und bei garstigem Wetter haben unsere Jäger-und-Sammler-Vorfahren diese Kunst geschaffen, sodass sich nun ihr Nachfahr, der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, über die "Ehre und zugleich Verpflichtung für Baden-Württemberg" freuen kann.

Auf seiner Sitzung in Krakau nahm das zuständige Unesco-Komitee weitere Stätten in die Welterbe-Liste auf, unter anderem die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale im russischen Swijaschsk, die moderne italienische Kolonialarchitektur in Eritreas Hauptstadt Asmara, den Tempelbezirk von Sambor Prei Kuk in Kambodscha (7. Jahrhundert) und die Altstadt von Ahmedabad in Indien (15. Jahrhundert). Hinzu kommen auf Antrag der Palästinenser die Altstadt und die "Patriarchengräber" von Hebron im Westjordanland, deren Aufnahme auf die rote Liste der gefährdeten Stätten von Israel heftig kritisiert wird.

In jedem Fall ist all dieses Weltkulturerbe einmal aus der Höhle hervorgegangen. Gegen die Abbild-Kritik in Platons Höhlengleichnis hat der Philosoph Hans Blumenberg in seinem Buch "Höhlenausgänge" geschrieben: In der Höhle ist "das für Täuschung so anfällige Subjekt autark geworden in der Versorgung mit Bildern und Fiktionen: ohne Scheu vor den Verwechselbarkeiten von Wirklichkeit und Unwirklichkeit".

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: