Vorschlag-Hammer:Ziemlich lässig

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Die Indizien häufen sich, dass das Millionendorf München allmählich cool wird

Kolumne von Oliver Hochkeppel

Heute wollen wir uns mal wieder mit der Frage beschäftigen, die die New York Times vor einiger Zeit in den Raum gestellt hat: "Wird München plötzlich cool?" Bei den US-Kollegen kam sie seinerzeit auf, als Daniel Hahn die "Utting" auf die Überführung nahe der Großmarkthalle gewuchtet hatte. Doch die Indizien häufen sich, dass das Millionendorf, die "Weltstadt mit Herz" (ein Prädikat, das echte Metropol-Bewohner nicht grundlos als Widerspruch empfinden) an Attraktivität für junge, weltoffene, hedonistische Großstadtintellektuelle gewinnt. Der wilde Berliner Schlagzeuger Christian Lillinger etwa stand neulich in der Feilitzschstraße und wunderte sich, wie "cool" das da doch sei. Er ist viel zu jung, um noch zu wissen, dass das musikalische Herz der Stadt einst in Schwabing schlug. Jetzt aber stand ein Ü-Wagen des BR ums Eck in der Siegesstraße, wo sich einst das legendäre Domicile befand, um Lillingers Auftritt mitzuschneiden - wie alle "Wohnzimmer-Konzerte" des kleinen Muc/Tones-Festival im Heppel & Ettlich. Im Gegensatz zu den "Jazz-Salons", die der veranstaltende Saxofonist Jason Seizer einst dort abhielt, war es nun an allen drei Abenden rappelvoll. Wie sich das Heppel & Ettlich unter junger neuer Leitung generell zu einem Ort für außergewöhnliche kleine Konzerte mausert. Eine Kategorie, in der die Milla schon seit Jahren bundesweit mit vorne ist. Demnächst zum Beispiel mit dem "Anti-Folk"-Unikum Alicia Edelweiss (30.1.) oder dem Kunst-Pop-Duo Oehl (14.2.), beide aus Wien kommend.

Immer cooler wird auch das Werksviertel, das nun zum Beispiel auch Comedy-Guru und Queer-Galionsfigur Thomas Hermanns selbst im internationalen Vergleich so "irrsinnig und modern" fand, dass er in der Nachtkantine eine Dependance seines "Quatsch Comedy Clubs" aufmachte. Stand-up-Comedy kriegt man derzeit freilich auch andernorts reichlich geboten, nicht zuletzt von den gerade besonders coolen Spaßmachern mit Migrationshintergrund. In der wunderschönen Alten Kongresshalle etwa tritt Faisal Kawusi auf, der nicht nur aus seiner afghanischen Herkunft, sondern auch aus seiner Körperfülle humoristisches Kapital schlägt (2.2.). Und im Schlachthof - dessen Viertel mit Volkstheater und Haus des Humors an Coolness wohl noch deutlich zulegen wird - "spitzbübt" sich der Berliner Türke Osan Yaran durch sein erstes Programm (3.2.). Was die Politik bei all dieser kulturellen Stadt-Ertüchtigung beizutragen gedenkt, kann man bei einer von Kulturredaktionsleiterin Susanne Hermanski geleiteten Podiumsdiskussion erfahren, zu der die zwei OB-Kandidatinnen und der OB-Kandidat der großen Parteien geladen sind (3.2., 19.30 Uhr, Utopia, Heßstraße 132).

© SZ vom 29.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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