Vorschlag-Hammer:Wetterschmerzen und Schmähschriften

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Das Wetter ist zwar nicht mit Klima gleichzusetzen, aber in Zeiten der Erderwärmung wird jeder Ausschlag, ob in die eine oder andere Richtung, als existenziell bedrohlich empfunden. Auch wenn es nur bedeutet, dass man sich drei Tage dicker oder dünner anziehen muss

Kolumne von Sabine Reithmaier

Ein wenig nervt dieses Dauergequatsche über das Wetter ja schon. In jedem Monat ist es mit schöner Regelmäßigkeit entweder zu heiß oder zu kalt, hat es zu wenig oder zu viel Regen, Sonne, Wind und so weiter. Nun ist Wetter zwar nicht mit Klima gleichzusetzen, aber in Zeiten der Erderwärmung wird jeder Ausschlag, ob in die eine oder andere Richtung, als existenziell bedrohlich empfunden, auch wenn es nur bedeutet, dass man sich drei Tage dicker oder dünner anziehen muss. Sehr im Gegensatz zu früher, als die Menschen sich dem Wetter viel hilfloser ausgesetzt fühlten und jedes Gewitter mit Wetterkerzen zu bannen suchten.

Auch davon erzählt die Ausstellung Mensch und Wetter im Museum Fürstenfeldbruck. Sie spürt dem Wetter aber auch als einem kulturellen Phänomen nach, das sich in der Kunst spiegelt. Vergnüglich zu entdecken, dass anscheinend jede Epoche ihre Vorlieben für bestimmte Wettererscheinungen hatte. Heinrich Reinhold, Carl Rottmann, Eduard Schleich, Théodore Gudin und Carl Spitzweg studierten mit wahrer Leidenschaft Wolken. Neben den Gemälden dokumentieren historische Aufzeichnungen des letzten Abtes im Kloster Fürstenfeld die Abhängigkeit des Menschen vom Wetter, weshalb er es schon seit langer Zeit gern vermisst und vorhersagt. Aber die Ausstellung springt auch in die Gegenwart und erinnert mit einer Foto-Installation an die "Fridays for Future", die globale Protestinitiative der Schüler (bis 24. November, Museum Fürstenfeldbruck).

Vom Reden übers Wetter ist es nur ein kleiner Sprung zur unberührten Natur, die dem berühmten, aber betrunkenen Burgschauspieler angeblich so wahnsinnig wichtig ist. "Wald, Hochwald, Holzfällen, das ist es immer gewesen" lässt ihn Thomas Bernhard im Roman Holzfällen ausrufen. Den selbstgefälligen Stargast beobachtet der Ich-Erzähler, wie Bernhard Schriftsteller von Beruf, während eines "künstlerischen" Abendessens ziemlich angeekelt. Der Roman, eine eloquente Schmähschrift auf Kunstbetrieb und Gesellschaft, sicherte Bernhard endgültig das Etikett Skandalautor. Der österreichische Komponist Gerhard Lampersberg, einst enger Freund Bernhards, glaubte, sich in dem trunksüchtigen Komponisten Auersberg, dem Gastgeber des Abendessens, wiederzuerkennen und klagte gegen die Auslieferung des Buchs. Selbiges wurde daraufhin in allen österreichischen Buchhandlungen zeitweilig beschlagnahmt. Jetzt stellt der Münchner Schauspieler Martin Pfisterer seine hoch gelobte Version der "Erregung" in einer szenischen Lesung vor (Samstag 6. Juli, 20 Uhr, Meta Theater, Moosach bei Grafing). Und ganz bestimmt verschwendet man während seiner Sprechperfomance keinen Gedanken an das Wetter.

© SZ vom 05.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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