Vorschlag-Hammer:Treffen mit Susn

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Ende Dezember spielt Brigitte Hobmeier im Werkraum der Kammerspiele wieder einmal in einem Stück von Herbert Achternbusch. Das sollte man sich ansehen: Man weiß ja nicht, wann man sie in nächster Zeit noch auf Münchner Bühnen sehen kann

Von Egbert Tholl

Man darf gespannt sein, wie sehr die Situation an den Münchner Kammerspielen weiterhin das Nachdenken über Theater in dieser Stadt bestimmt. Jedenfalls trifft man zur Zeit niemanden, der sich für Theater auch nur ein bisschen interessiert, der nicht von einem wissen will, was man dazu sagt. Und so richtet sich aus mehr oder weniger aktuellem Anlass diesmal die Empfehlung in dieser Kolumne in eine etwas weitere Zukunft, genauer: Sie zielt auf das Ende des Jahres, auf den 28. und 29. Dezember. An diesen beiden Tagen spielt im Werkraum der Kammerspiele Brigitte Hobmeier wieder einmal Susn von Herbert Achternbusch. Angesichts der jüngst unwägbar gewordenen Karriereplanung der wunderbaren Frau Hobmeier weiß man ja derzeit nicht ganz sicher, wie und wie oft man sie in nächster Zeit noch auf Münchner Bühnen sehen kann, also muss da hin, wer jetzt ob der personellen Entwicklung am Münchner Stadttheater traurig ist.

Außerdem wird das Stück rückwirkend zu einem geradezu hellsichtig vorausschauenden Erlebnis. Achternbuschs Susn ist eine rothaarige, selbstbestimmte Radikale aus dem Bayerischen Wald, die sich in ihrer Sprache selbst behauptet. Als 17-Jährige verteidigt sie ihre Entschlossenheit, aus der Kirche auszutreten, mit den Worten: "Ich wollte nicht länger in der Gemeinschaft derer bleiben, von denen ich weiß, dass ihr Glaube nur eine Kopfhaltung ist." Das steht so auch in der Beschreibung des Stücks auf der Homepage der Kammerspiele, wo derzeit Kopfgeburten dem sinnlichen Theatererleben im Wege stehen und der Glaube an die Kraft des Theaters sich in der Theorie ausgefinkelter dramaturgischer Konzepte verliert. Weiter mit der Homepage: "Achternbusch hat seine Susn mit einem Lebenshunger ausgestattet, für den es in der Welt, so wie sie sie vorfindet, nicht die entsprechende Nahrung gibt." Man ersetze nun "Welt" durch "Kammerspiele", also durch die Lebenswelt einer Kammerspielschauspielerin, und kann sich selbst seinen Reim darauf machen.

Am Ende meint Susn: "Ja, oft mecht i koan Menschn mehr sehng und von koan Herrgott was wißn, aber wer solltn mir zuhörn, wenn net der Herrgott?"

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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