Vorschlag-Hammer:Kognitives Kabarett

Lesezeit: 1 min

Der Unternehmensberater-Jargon der neuen Arbeitswelt kann durchaus verstören

Kolumne von Oliver Hochkeppel

Vor einiger Zeit ist mir zufällig eine Broschüre in die Hand gefallen, das Fortbildungsprogramm eines Konzerns. Welcher, spielt keine Rolle. Schon deswegen, weil es auf über 130 Seiten nie konkret um den eigenen oder auch nur irgendeinen Betrieb geht, sondern ganz generell und breitbeinig um die "Arbeitswelt X.0", um die "New Work (Force)", um "Remote, Creative und Change Leadership" oder "Selbstmanagement". Abgesehen vom verschwenderischen bis redundanten Einsatz von Anglizismen verstört mich vor allem der Umgang mit Anführungszeichen und Klammern. Gerade ganz normale, selbstverständliche Worte werden da in uneigentliche Sprache gehievt. Zum Beispiel geht es da an einer Stelle um den - und jetzt achten Sie auf die Anführungszeichen und Klammern innerhalb des Zitats - "konstruktiven Umgang mit der Sehnsucht nach dem ,Bekannten'; Abschiede vom ,Alten' gestalten (Rituale)". Häh? Um das zu verstehen, brauche ich vielleicht doch einen "kognitiv-emotionalen Sicherheitsanker" oder ein paar "digitale Nuggets"; vielleicht hilft auch ein "anonymes Feedback".

Ich glaube ja, dass aus einer solchen Sprache, diesem Unternehmensberater-Jargon, nichts Gutes erwachsen kann. Das ist Angeber- und Abgrenzungsdeutsch, das zum Tarnen, Täuschen und Tricksen da ist. Das wäre eigentlich ein Thema für ein komplettes Kabarettprogramm, meines Wissens nach gibt es da noch nichts. Das Juristendeutsch immerhin, das nimmt sich seit Langem und nach wie vor sehr witzig Werner Koczwara vor, vom 30. Juli bis zum 10. August ist er mit seinem Erfolgsprogramm "Am achten Tag erschuf Gott den Rechtsanwalt" mal wieder in der Lach- und Schießgesellschaft. Auf die komischen Seiten der nonverbalen Kommunikation hat sich Stefan Verra spezialisiert. In seiner Show "Körpersprache - Braucht kein Mensch? Und ob!" (19. Juli, Lustspielhaus) entschlüsselt der Österreicher unsere Gesten und Verhaltensweisen, vor allem die der Mächtigen (und Unternehmensberater). Zum Glück mit einem eher naturwissenschaftlich-neurologischen und nicht mit einem psychologischen Ansatz. Sonst wäre man womöglich gleich wieder bei unserer Broschüre. Und wer jetzt aber wirklich Klartext will, der kann ja mal als Live-Zuschauer zur ZDF-"Anstalt" mit Claus von Wagner und Max Uthoff gehen. Die 45. Folge geht am 15. (Generalprobe) und 16. Juli in den Bavaria Studios über die Bühne.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: