Vatikan und Anglikaner:Rückkehr in Raten

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Freundlich, aber bestimmt: Das Angebot des Vatikans an die Anglikaner offenbart das katholische Ökumene-Verständnis.

Matthias Drobinski

Wenn viele Beziehungen daran scheitern, dass die Partner zwar über vieles reden, nur nicht über ihre jeweiligen wirklichen Ziele, dann hat der Vatikan gerade etwas für die innerchristliche Beziehungspflege getan: Er hat klargemacht, wie aus der Sicht der katholischen Kirchen die Einheit der Christen aussehen soll. Kardinal William Levada, der Präfekt der Glaubenskongregation, bietet anglikanischen Gemeinden, Pfarrern, gar Bischöfen an, unter das Dach der katholischen Kirche zu kommen.

Freundlich aber bestimmt, will der Vatikan die Anglikaner in die eigene Vorstellung der Ökumene einbringen. (Foto: Foto: dpa)

Die mit Rom vereinten Anglikaner sollen ihre eigenen Gottesdienste feiern, ihre eigenen - verheirateten - Priester haben, sie leben fast wie bisher, nur unter dem Papst. Vergleichbare Lösungen gibt es für einige Kirchen in Osteuropa und dem Nahen Osten; zum ersten Mal aber bietet nun die katholische Kirche einer Kirche der Reformation die Rückkehr in Raten an.

Als Kardinal Levada dieses Angebot ankündigte, vermied er weitgehend anti-ökumenische Töne, und zunächst einmal hat die katholische Kirche ja auch schlicht auf ein drängendes Problem reagiert: Die anglikanische Kirche ist weltweit über der Frage der Frauenordination oder der Bewertung von Homosexualität tief gespalten.

Viele Gläubige fühlen sich mittlerweile der strengen katholischen Kirche näher als ihrer Gemeinschaft - der ehemalige Premierminister Tony Blair ist nur der prominenteste von vielen anglikanischen Christen, die katholisch geworden sind.

In Absprache mit der anglikanischen Kirche kommt nun der Vatikan jenen entgegen, die in ihrer Kirche keine Heimat mehr haben, aber auch nicht einfach katholisch werden wollen. Aus römischer Perspektive ist das Angebot großherzig. Die Großherzigkeit geht auch in Richtung der Piusbrüder: Seht her, wer zu uns zurückkehrt, muss nicht unbedingt die eigenen Traditionen aufgeben.

Die Kirchen der Reformation aber müssen aufhorchen angesichts dieser Großherzigkeit: Entspricht nicht das, was Levada den Anglikanern anbietet, genau dem, was sich die katholische Kirche als Weg und Ziel jeglicher Ökumene wünscht?

Und haben viele ökumenische Gespräche in den vergangenen Jahren nur deshalb einigermaßen funktioniert, weil Katholiken wie Protestanten schamhaft verschwiegen haben, dass sie sich die Einheit der Christen höchst unterschiedlich vorstellen?

Denn nach evangelischem Verständnis gibt es am Ende des Weges gleichwertige und gleichberechtigte Kirchen, die ihre Unterschiede nicht mehr als kirchentrennend betrachten. Aus katholischer Sicht genügt das nicht. Für sie kann es in einer geeinten Kirche Räume für verschiedene Traditionen geben, sie alle aber stehen unter dem Papst.

Papst Johannes Paul II. hat noch demütig gesagt, das größte Hindernis zur Einheit der Christen sei er, der Papst, mit seinem Anspruch, der oberste authentische Verkünder und Wahrer des Glaubens zu sein. Unter Papst Benedikt XVI. steht der Vatikan zu diesem Anspruch: freundlich, aber bestimmt.

© SZ vom 22.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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