Varieté:Zimmer frei

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Vom Untermieter zum Personal Trainer: Kopfüber am Pole hängend versetzt der Australier James Holt seine Vermieterin Madame du Fèvre (Tamara Bousquet) in ungewohnte Schwingungen. (Foto: Alexander Dacos)

Die Uraufführung der Gop-Show "Appartement" gewährt Einblick in eine charmante Bleibe. Und jongliert artistisch mit dem Zusammenleben in geteilten Wänden

Von Barbara Hordych

Es soll sie ja geben, diese Stadthäuser mit den leer stehenden Zimmerfluchten, in denen nur die Dienerschaft vorbeischaut, um die Möbel abzustauben. Viel präsenter ist hingegen das Problem der Wohnraumknappheit, in München wie in anderen europäischen Metropolen. Was wäre aber, wenn man die Menschen an diesen entgegengesetzten Polen zueinander brächte? Dies ist die Versuchsanordnung, mit der die Uraufführung der Gop-Show "Appartement" in München spielt: "Als Ausgangsidee schwebte mir ein distinguiertes Ehepaar vor, das aus finanziellen Gründen gezwungen ist, Untermieter in sein Pariser Stadthaus aufzunehmen, ohne dabei die Contenance zu verlieren", sagt Kreativdirektor Werner Buss über die von Sabine Rieck inszenierte Show.

Eine Show, in der der Butler von Madame et Monsieur du Fèvre (wunderbar schrullig: das kanadische Komiker-Duo Philippe Trépanier und Tamara Bousquet) den Teewagen in einen Salon schiebt, der von den unterschiedlichsten Mitbewohnern frequentiert wird. Da ist der Student aus Skandinavien, der darauf besteht, einen "fensterlosen Raum im Keller" zu bewohnen. Gemeint ist der 23-jährige Belgier Thibault Theyssens, ein hoch gewachsener und dunkel blickender Künstler, der zunächst in Bademantel und Boxershorts, später im Cyr-Ring seine Kreise auf der Bühne zieht. Nicht von ungefähr erinnert er an den Schauspieler Benedict Cumberbatch. "Ich habe ein Faible für diese Sherlock-Holmes-Serie, in der das Detektivduo bei einer Frau logiert, die eigentlich noch schräger ist als die beiden Ermittler", sagt Buss.

Thibault trat bei einer Talentshow im Hannoveraner Stammhaus an - und wurde sofort für "Appartement" engagiert. Überhaupt wurden die Künstler nach der Doppel-Qualifikation ausgewählt, neben einer artistisch ausgezeichneten Leistung etwa auf dem Russischen Barren, im Cyr, am Vertikaltuch oder bei der Jonglage glaubwürdig einen WG-Charakter verkörpern zu können. Bezauberndstes Beispiel dafür ist die kanadische Vertikaltuch-Akrobatin Anne-Marie Poirier: Sie mimt die schüchtern-grazile Mitbewohnerin, die längst ausziehen wollte, aber jedes Mal den Koffer entwendet bekommt - und wieder zurück in ihre Bücherwand krabbelt. Überaus verständlich übrigens. Denn wer würde es nicht vorziehen, in dieser charmanten Gesellschaft zu verbleiben.

Appartement ; Mittwoch bis Sonntag, Gop-Theater, Maximilianstr. 47, bis 25. Februar

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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