Urheberrecht:Bilder von Bildern

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Streitobjekt: Das Wagner-Porträt von Cäsar Wilhelm. (Foto: Jean Christen/Reiss-Engelhorn-Museen/dpa)

Mannheimer Museen streiten mit Wikipedia über die Frage, ob die Fotografie eines Gemäldes geschützt ist - auch wenn das Gemälde selbst seit vielen Jahren keinen Schutz mehr genießt. Es geht um Geld und um die digitale Zukunft.

Ernst wirft Richard Wagner auf einem Ölgemälde des Malers Cäsar Wilhelm den Blick des Betrachters zurück. Wilhelm hat das Bild 1862 gemalt. Heute gehört es zum Bestand der Reiss-Engelhorn-Museen. Und es ist der Grund, warum derzeit ziemlich viele Menschen mindestens so ernst wie Wagner selbst gucken. Denn an dem Bild hat sich ein Streit entzündet, der große Folgen zeitigen könnte.

Das kommt so: Ein Foto des Bildes ist auf mehreren Seiten im Online-Lexikon Wikipedia zu sehen. Das Bild hat der Hausfotograf des Museums aufgenommen. Bei Wikimedia, den Betreibern der Wikipedia, ist man nun der Auffassung, es handele sich um ein gemeinfreies Bild.

Die Stadt Mannheim sieht dagegen als Museumsbetreiber ihr Urheberrecht und ihr Recht am Eigentum verletzt . Sie klagt deshalb jetzt vor dem Berliner Landgericht gegen die Macher des Online-Lexikons. Nur vordergründig ist das ein einfacher Fall: Am Original-Gemälde ist zweifelsohne das Urheberrecht erloschen, da der Künstler vor mehr als 70 Jahren gestorben ist, da sind sich Museum und Wikimedia einig. Offen ist aber die Frage, wer die Nutzungsrechte an dem Foto und an 16 weiteren Fotografien gemeinfreier Gemälde aus Mannheim hat.

"Uns geht es nicht darum, dass die Millionen Menschen, die ganz normal Wikipedia nutzen, nicht in den Genuss dieses Bilds kommen können", erklärt der Generaldirektor des Museums, Alfried Wieczorek. "Aber wir möchten kontrollieren, dass etwas, was uns gehört, nicht in falsche Hände gerät." Das Museum hat dafür klare Regeln. In den Ausstellungsräumen herrscht ein Fotografierverbot. Hauseigenes Bildmaterial kann nach Absprache und bei Zahlung von maximal 250 Euro verwendet werden. Museum und Stadt beklagen auch, dass manche Bilder aus der Wikipedia kommerziell weiterverwendet würden. So habe ein US-Unternehmen das Foto aus der Wikipedia verwendet und Merchandising-Produkte mit dem Wagner-Porträt produziert - ohne Rücksprache mit dem Museum.

Manche Museen gehen bereits heute einen ganz anderen Weg

Bei Wikimedia sieht man das naturgemäß anders: "Ich verstehe nicht, warum eine öffentliche Institution, die einen Bildungs- und Forschungsauftrag hat, mit aller Macht gegen die Verbreitung von Wissen vorgeht", sagt Christian Rickerts, Vorstand von Wikimedia Deutschland. Er bezweifelt auch, dass das Foto besonders schutzwürdig sei, sei doch die Kunst, die darauf zu sehen sei, das Bild des Malers, für das kein Urheberrecht mehr besteht, nicht aber das Foto an sich. Eine zeitintensive und aufwendige Arbeit bedinge noch lange keine urheberrechtliche Schöpfungshöhe, sagt Rickerts. Sollte sich die Stadt Mannheim durchsetzen, würde Wikipedia "erheblich weniger bunt."

Wieczorek hingegen ist ebenfalls überzeugt, dass das Gerichtsverfahren große Auswirkungen haben wird, allerdings mehr für seine Branche: "Es gibt eine große Vielzahl von Museen die das wie einen Musterprozess verfolgen und durchaus unserer Meinung sind." Bekomme Wikimedia Recht, sei das Einkommen zahlreicher Fotografen bedroht.

Manche Museen haben das Problem bereits erkannt und gehen inzwischen einen ganz anderen Weg als die Mannheimer, indem sie ermöglichen über eigne oder fremde Portale einen freien Online-Zugang zu ihren Gemälden ermöglichen.

© SZ vom 27.11.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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