Trauerfeier für Michael Jackson:Der Himmel kann warten

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Massenansturm auf das Staples Center erwartet: Wie sich Michael Jacksons Fans, Sicherheitskräfte und Kamerateams vor der Trauerfeier in Los Angeles in Stellung bringen.

Jörg Häntzschel, Los Angeles

Deka Motanya aus San Francisco ist eine der 9000 Glücklichen, die am Sonntag die E-Mail erhielt, auf die fast 1,6 Millionen Menschen vergeblich gewartet hatten: "Gratulation. Ihre Bewerbung war erfolgreich." Sie und ein Freund dürfen am Dienstagmorgen (Ortszeit) ins Staples Center in Los Angeles und dort die Gedenkfeier für Michael Jackson live erleben.

Zur Trauerfeier für den King of Pop werden Hunderttausende Fans erwartet. (Foto: Foto: AP)

Den anderen hatte die Polizei von Los Angeles empfohlen, das Ereignis "gemütlich zu Hause" zu verfolgen, wo sie die Wahl haben zwischen fünf Sendern, die den ganzen Vormittag lang übertragen werden. Hinter den Barrikaden, die die Polizei in einem zwölf Blocks umspannenden Ring weit um das Staples Center aufstellen will, wird weder das eine noch das andere zu haben sein.

Es wird keine Videowände geben und keine Lautsprecher. Jim McDonnell, stellvertretender Chef der Polizei von L.A., warnt die Leute: "Sie werden gemeinsam mit vielen anderen Menschen in der heißen Sonne stehen, doch zu sehen werden sie nichts bekommen."

Direkt vom Gottesdienst

Hunderttausende werden es sich dennoch nicht nehmen lassen, nach L.A. zu pilgern, um Michael Jackson irgendwie nahe zu sein. Oder zumindest noch einmal mit Gleichgesinnten zu feiern. Da der erhoffte große Abschied von ihrem Idol nun wohl ein Fernsehprodukt werden wird, feiern und trauern die Fans schon seit Tagen unter sich.

Vor Neverland, vor dem Haus der Jacksons in Encino und an Michael Jacksons Stern am Hollywood Walk of Fame. Dort treffen die Fans viele andere, die auch Jackson-T-Shirts tragen und deren Autos ebenfalls vibrieren im Rhythmus von "Wanna Be Startin' Somethin" und "Black and White". Das ist besser als gar nichts.

Auch am Sonntag waren sie wieder da. Sie standen, wie schon seit Tagen, vor dem Staples Center an, um Jackson eine Botschaft ins Jenseits auf eine große Tafel zu schreiben. Eileen und Michael Stancil kommen direkt vom Gottesdienst, sie im opulenten Blumenkleid, er mit Weste, schwarzem Hemd und weiten Hosen. Es ist der altmodische Sonntagsstaat, den viele Schwarze für den Kirchgang tragen. "Wir sind alle drei 1958 geboren", sagt sie über ihren Mann, Jackson und sich. "Wir waren immer zusammen."

Ann und Leigh Hoang, die eine Studentin, die andere Graphikdesignerin, stehen weiter hinten in der Schlange. Sofort nach Jacksons Tod flogen sie aus Sydney hierher. Sie wollen "Thank You" auf die Tafel schreiben, sagen die beiden Schwestern vietnamesischer Eltern: "Wir sind eine Minderheit in Australien, es ist ein rassistisches Land. Michael Jackson hat geholfen, die Rassengrenzen niederzureißen."

Ein dicker Umschlag mit Scheinen wechselt den Besitzer

Sämtliche freien Flächen vor dem Staples Center sind bereits unter den Fernsehteams der Welt verteilt. Auch in Deutschland wollen mehrere Sender live berichten. Jedes TV-Team hat auf Gehsteig und Parkplätzen seine kleine Parzelle bekommen, markiert mit farbigem Klebeband. Direkt gegenüber vom Eingang bauen Arbeiter eine große Tribüne auf, von der aus sich die heranrollenden Limousinen besonders gut filmen lassen.

Auch die Positionen auf Dächern und an Fenster der umliegenden Gebäude sind verkauft. An der Rezeption des Holiday Inn, von dessen Dach man einen guten Blick auf das Geschehen hat, findet gerade die Geldübergabe statt: "Welcher Betrag wurde Ihnen genannt?" "Fünf ... tausend", murmelt der Mann von MTV. Daraufhin schiebt er der Managerin einen dicken Umschlag mit Scheinen über den Tisch.

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Wie genau die Gedenkfeier ablaufen wird, das ist noch nicht bekannt. Teilnehmen sollen aber nach Angaben der Familie von Jackson unter anderen Mariah Carey, Lionel Richie, Smokey Robinson, Stevie Wonder, Usher, Brooke Shields und der Schwarzen-Aktivist Al Sharpton. Regie führen bei der Feier soll Ken Ehrlich, der Produzent der Grammy Awards.

Sicher ist bis jetzt nur, dass es keine Prozession durch die Stadt geben wird und dass Michael Jacksons Leichnam wohl nicht aufgebahrt wird. Stadträtin Jan Perry sagte am Montag, Jackson solle zwei Stunden vor der Gedenkfeier in einer privaten Zeremonie auf dem Friedhof Forest Lawn Memorial Park begraben werden. Zunächst ohne Gehirn übrigens, das noch zur Klärung der Todesursache benötigt wird.

Bereits am Montagabend - rund zwölf Stunden vor der geplanten Beisetzung - wurden die Angehörigen von Michael Jackson auf dem Forest Lawn Friedhof gesehen. Die US-Sendung "Entertainment Tonight" zeigte Videoaufnahmen von einem Leichenwagen und einer großen Polizeieskorte. Jacksons Schwester La Toya und Bruder Randy seien unter den Besuchern, hieß es.

Buster Keaton und Fritz Lang

Am Sonntag hatten vor dem Eingang zum Friedhof schon etwa 30 Fernsehteams ihre Kameras, Scheinwerfer und Campingmöbel aufgestellt, um zur Stelle zu sein, sollte das Begräbnis, wie manche behaupteten, schon am Montag stattfinden. Wenn es soweit ist, kann man mit Bildern rechnen, die wohl besser sind als die von der Verfolgung O. J. Simpsons durch Paparazzi und Fernsehhubschrauber. Erst beim Begräbnis, dann bei der Fahrt der Familie in die Stadt.

Doch zunächst war noch alles ruhig auf dem riesigen Friedhof, der idyllisch in den Hügeln von Hollywood liegt, in Nachbarschaft der Studios von Warner Brothers, Disney und Universal. Buster Keaton und Fritz Lang sind hier begraben, Bette Davis, Stan Laurel und Marvin Gaye. "Wie Sonnenschein von Dunkelheit" solle sich sein Friedhof von den konventionellen "unansehnlichen und deprimierenden Steinhalden" unterscheiden, sagte Hubert Eaton 1917, als er die Friedhofskette Forest Lawn gründete.

Wie auf vielen neueren amerikanischen Friedhöfen gibt es hier keine abgegrenzten Gräber. Kleine Marmorplatten sind in den Boden eingelassen, hier und dort stehen Denkmäler. Sonst ist nichts zu sehen als der weite, über die Hügel rollende Rasen, die Blumen, die die Familien gebracht haben, und ab und zu ein Baum. Ein paar Familien beim Picknick verlieren sich im weiten Gelände, während die Abendsonne die Bergflanken in Gold taucht. Es ist eine Szene wie aus einem fantastischen Kinderbuch. Also ganz nach Michael Jacksons Geschmack.

© SZ vom 07.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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