Von 700 auf 200 Plätze geschrumpft: der Zuschauersaal des Berliner Ensembles.
(Foto: Berliner Ensemble/Ingo Sawilla)Nein, das ist keine Kunstinstallation und auch kein Bühnenbild für eine Thalheimer-Inszenierung, sondern der Zuschauerraum des Berliner Ensembles (BE) in den Zeiten von Corona. Das Parkett gleicht einem Gebiss unter Zahnausfall: jede zweite Sitzreihe abgebaut, in den verbliebenen reißen die virusbedingten Hygiene- und Abstandsregeln 1,5 Meter breite Lücken. In einem Saal, wo normalerweise um die 700 Zuschauer dicht beieinander sitzen - die Stuhlreihen im BE sind besonders eng -, werden von August an, wenn in Berlin die Spielzeit wieder losgeht, nur noch rund 200 Platz finden, aufgeteilt auf exakt separierte Einzel- und Zweiersitze.
Das Bild vom ausgefrästen BE-Parkett ist schon jetzt ikonisch für das Theater unter Coronavirus-Bedingungen und dient womöglich als Anregung auch für andere Häuser. In den sozialen Medien geht es seit Dienstagabend viral. "Absurd", "surreal", "dystopisch", "heartbreaking", lauten Kommentare auf Twitter. Andere jubeln: "endlich Beinfreiheit", "Platz für Rollstuhlfahrer", "beste Sicht".
Auch das Düsseldorfer Schauspielhaus hat angekündigt, jede zweite Zuschauerreihe auszubauen, andere Theater werden Sitze sperren. Die Vorgehensweisen sind so unterschiedlich wie die Öffnungstermine in den einzelnen Bundesländern. In Berlin bleiben die Theater zu bis zum 31. Juli. In Hessen dürfen sie seit dem 15. Mai wieder spielen, in Sachsen seit 18. Mai, Nordrhein-Westfalen folgt an diesem Samstag, Bayern am 15. Juni. Wie es sein wird im Distanztheater und ob es einem nahegeht, das werden wir dann sehen.