Theater:Dienstältester Intendant Fischer: Ich habe so einiges erlebt

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Ulrich Fischer, Intendant des Theaters Eisleben, sitzt im Zuschauerraum des Theaters. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Erst wollte er nicht bleiben, dann hat er mehrfach ums Überleben des Hauses gekämpft. Der Intendant vom Theater Eisleben geht 2025 in Rente - nach 31 Jahren auf dem Posten. Nun sollen neue Ideen her.

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Eisleben (dpa/sa) - Eigentlich war Ulrich Fischer nicht gekommen, um in Eisleben zu bleiben. Aus ein paar geplanten Jahren wurden aber Jahrzehnte. Im kommenden Jahr geht der dienstälteste Intendant Sachsen-Anhalts in Rente - und blickt auf eine bewegte Zeit zurück.

„Ich habe in den letzten Jahren auf meinem Stuhl so einiges erlebt - alle paar Jahre habe ich auch um das Überleben des Theaters gekämpft“, erinnert sich Fischer im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Das letzte Mal ist noch gar nicht lange her: Zu Beginn dieses Jahres stand das Theater Eisleben kurz vor der Insolvenz, konnte nur kurz vor knapp noch gerettet werden. Seinen Mitarbeitenden sei ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, erzählt Fischer. Wichtig sei immer, dass getan werde, was das Team am besten könne: erfolgreich Theater spielen. „Damit keiner auf die Idee kommt, dass man das hier nicht braucht.“

„Ich bin froh, dass es jetzt geschafft ist. Auch, weil dann jetzt erstmal für ein paar Jahre Ruhe und für meinen Nachfolger alles in Sack und Tüten ist“, sagt Fischer, der in Leipzig studierte und ab 1986 als Dramaturg am damaligen Thomas-Müntzer-Theater in Eisleben arbeitete. Zuvor war er als Hospitant in Chemnitz - wo er eigentlich auch bleiben wollte, wie er sagt. „Es gab aber keine Stelle. Deshalb habe ich mir andere Städte angeguckt, neben Eisleben auch Senftenberg und Quedlinburg.“

Sein Regiedebüt gab Fischer 1988 mit dem Stück „Die Jungs“ von Heinz Drewniok. Ein Jahr später wurde er Chefdramaturg des Drei-Sparten-Hauses, 1994 folgte er auf Frank Hofmann als Intendant des Theaters in Eisleben. „Ursprünglich wollte ich mich hier nicht mit Grabstein verpflichten, nur ein paar Jahre bleiben und dann weiter“, sagt Fischer mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht. Immer mal wieder habe er überlegt zu gehen, auch Chancen dazu gehabt. „Irgendwann habe ich dann auch aufgehört an Alternativen zu denken und bin mit dem Haus voll und ganz verwachsen.“

Das Theater sei wie eine kleine Familie, beschreibt Carsten Staub, Bürgermeister von Eisleben, das Haus und lobte auch die Arbeit von Fischer. Viele Bürgerinnen und Bürger seien dort - wie er selbst - regelmäßig zu Gast. Es gehöre fest zu Eisleben dazu, sagte der parteilose Politiker. Auch er sei froh, dass eine Lösung zur Finanzierung des Theaters gefunden wurde. Träger des Theaters ist die Kulturwerk MSH gemeinnützige GmbH. Der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU), ist Vorsitzender des Aufsichtsrats. Der Landkreis ist Hauptanteilseigner, die Stadt mit 20 Prozent beteiligt.

Nicht zuletzt, weil viele gut ausgebildete und kulturaffine Leute nach dem Zusammenbruch der Industrie die Region verlassen haben, sei es derzeit schwer, viele Menschen aller Altersgruppen ins Theater zu locken, sagt Fischer. „Der Vorteil hier ist, dass Dinge leichter gehen. Der „Provinzfilz“ hat auch sein Gutes.“

Wichtig sei ihm in seiner Position immer gewesen, nach draußen zu gehen, Klinken zu putzen, „zu zeigen, dass das Theater kein Elfenbeinturm ist“ und im Blick zu behalten, was gut läuft, sagt Fischer. Sein Ziel sei nie nur die hohe Theaterkunst gewesen - sondern, bodenständig zu bleiben. „Immerhin macht man Theater nicht für sich, sondern für das Publikum.“

Ein- oder zweimal pro Spielzeit führte Fischer in der Vergangenheit auch selbst Regie - in der Spielzeit 2023/24 für „Faust“ und „Schick mir keine Blumen“. Bis zu seinem letzten Tag als Intendant Ende 2025 ist für Fischer noch ein wenig Zeit. Laut Staub sollen am 16. April Gespräche mit potenziellen Nachfolgern geführt werden - zwei Frauen, zwei Männer kämen infrage. „Unser Ziel ist es, die Nachfolge noch im April zu klären“, sagte Staub.

„Ich habe immer darauf gedrungen, rechtzeitig eine Nachfolge zu finden. Ich merke mittlerweile, dass ich nicht mehr so viel Kraft habe. Es ist jetzt Zeit für neue Ideen“, gibt Fischer zu. Gerne will er seiner Nachfolge zeigen, wie es im Theater Eisleben läuft, will auf Vorstellungsrunde in der Stadtgesellschaft gehen. „Vor guten Ratschlägen will ich mich aber hüten“, so Fischer. Was er dann ab Ende 2025 macht, wisse er noch nicht. „Aber mir fällt schon was ein.“

© dpa-infocom, dpa:240414-99-667844/2

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