Nachruf auf Ted Herold:Meister mit zuckender Hüfte

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1988, Böblingen: Der Sänger Ted Herold bei einem Auftritt. Am Samstagabend ist er bei einem Brand ums Leben gekommen. (Foto: Klaus Schultes/dpa)

Er elektrisierte nicht nur sein Publikum: Zum Tod des Sängers und Handwerkers Harald Schubring alias Ted Herold.

Von Willi Winkler

In den klemmigen Fünfzigern war Ted Herold der größte Skandal nach Hildegard Knefs "Sünderin". Sie zeigte im Kino einen grobkörnigen Busen, er behauptete frech, er sei ein Mann. Der amerikanische Retortensänger Fabian hatte "I'm a Man" vorgelegt - Harald Schubring legte mit erheblich mehr Stimme nach und versprach im Fremdenlegionärsdeutsch der Zeit: "meine Küsse brennen heißer als Wüstenwind".

Dass ein 17-Jähriger von der 45er-Schallplatte verkündete, er sei geschlechtsreif, ging in den Jahren der "Aktion Saubere Leinwand" und der unermüdlichen Feldzüge gegen Schmutz und Schund über das Fassungsvermögen des deutschen Rundfunks. Radio Luxemburg musste aushelfen und verhalf dem Elektrotechniker zu einer kurz sehr erfolgreichen Karriere. Ted Herold, wie ihn ein Manager amerikanisierte, wirkte proletarischer als Peter Kraus, und wenn er auf der Bühne mit den Hüften zuckte (immer eine Spur eckiger als der sieben Jahre ältere Elvis), strahlte er tatsächlich so etwas wie Sexappeal aus.

King Elvis fragte King Herold: "Aber du singst bloß deutsch?"

Elvis hatte 1958 seine beste Zeit bereits hinter sich, war eingezogen worden und absolvierte seinen Militärdienst in Hessen. Herold erzählte gern die Geschichte, wie er als Anfänger zum braven Soldaten Elvis geführt wurde. Im Schaufenster lag gerade seine erste eigene Single "Ich brauch keinen Ring", und der King habe beifällig genickt und dann etwas ratlos gefragt: "Aber du singst bloß deutsch?"

Leider, siehe und vor allem höre "Wooden Heart", konnte Elvis sogar auf Deutsch besser singen als das ganze ihm nacheifernde hiesige Schlagergschwerl, aus dem Herold immerhin herausstach. Doch 1963 holte ihn die Bundeswehr, dann war's mit der Karriere auch schon vorbei. Herold wurde wieder Schubring, machte seinen Meister als Elektriker, führte eine solide Werkstatt, bis sich Udo Lindenberg seiner erinnerte und ihn wieder auf die Bühne holte. Als ehrbarer Handwerker hatte er es nicht nötig, aber es machte ihm Spaß, vor allem wenn er auch noch über die Konkurrenz herziehen konnte. "Bei mir", das war ihm wichtig, "wurden viel mehr Stühle zerkloppt als beim Playback-Peter."

Wenn Herold dann "Ich bin ein Mann" sang, nickten die weiblichen Fans, die mit ihm ein bisschen älter geworden waren und sagten: Bei der Stimme darf er das. Am Samstagabend ist der 79-jährige Harald Schubring, mutmaßlich zusammen mit seiner Frau, bei einem Wohnungsbrand in Dortmund ums Leben gekommen. Ted Herold lebt weiter.

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