Sundance-Filmfestival:Shoppen für die Oscars

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Emilia Jones in "Coda", einem Remake des französischen Kinohits "Verstehen Sie die Béliers?" (Foto: Seacia Pavao/AP)

Apple kauft für 25 Millionen Dollar den Hauptgewinner des Sundance-Filmfestivals.

Von Susan Vahabzadeh

Beim Sundance-Filmfestival in Utah sind zum Abschluss die Preise vergeben worden - in einer wenig mitreißenden Zeremonie, die, wie das ganze Festival, virtuell war: Der Moderator Patton Oswalt saß in einem kleinen Kino, die Preise wurden auf Sofas, Wiesen und Autorücksitzen entgegengenommen.

Den Wettbewerb für amerikanische Spielfilme hat das Drama "Coda" von Siân Heder gewonnen. Es handelt von einem jungen Mädchen, das als Einzige in seiner Familie hören kann und die Liebe zum Gesang entdeckt: ein Remake des französischen Films "Verstehen Sie die Béliers?" von 2014. Als bester amerikanischer Dokumentarfilm wurde Ahmir Thompsons "Summer Of Soul (...Or, When The Revolution Could Not Be Televised") ausgezeichnet, über ein Black Woodstock genanntes Festival in Harlem im Sommer 1969. Unter den internationalen Spielfilmen war auch ein deutscher Beitrag nominiert, Ronny Trockers "Der menschliche Faktor". Gewonnen hat aber "Hive" von Blerta Basholli. Es geht um eine Frau in Kosovo, deren Mann im Krieg verschwunden ist und die nun versucht, in einem patriarchalischen Dorf eine eigene Existenz aufzubauen.

So viel Geld hat kein Studio und kein Streamingdienst jemals in Sundance ausgegeben

Schon vor der Preisverleihung war "Coda", der vor der Premiere keinen Verleih hatte, von Apple gekauft worden. Für stolze 25 Millionen Dollar, die höchste Summe, die ein Sundance-Film je erzielt hat. Filmfeste sind unter anderem dazu da, Filmen ein bisschen Aura mitzugeben, begeisterte Reaktionen im Kino selbst oder bei Gesprächen unter Festivalteilnehmern. "Coda" konnte diesen sogenannten Buzz wohl auch so entwickeln. Vor allem die Streamingdienste sind von der Pandemie nicht negativ betroffen. Weil die Einreichdaten für die Oscars von Dezember auf Februar verschoben wurden, könnten sich Filme, die rechtzeitig von den Streamingdiensten gestartet werden, sogar noch für die nächsten Oscars qualifizieren.

In Sundance hat man sich Mühe gegeben, virtuelle Räume zu erschaffen, in denen über Filme kommuniziert werden kann. Eine eher beschwerliche Methode mit Avataren und Chat-Funktion. Nun sind auch Stehpartys auf echten Filmfesten oft weit weniger berauschend, als man sich das vorher vielleicht ausmalt. Wenn die Sundance-Direktorin Tabitha Jackson sagt, sie könne sich vorstellen, ein paar der virtuellen Experimente aus diesem Jahr in das nächste richtige Festival zu integrieren, klingt das trotzdem wie eine Drohung. Es fehlt, sozusagen, der menschliche Faktor. Ein virtuelles Filmfestival ist eben nicht mehr als ein normales Binge-Watching vor dem Fernseher.

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