Spurensuche:Verkehr im Blut

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Mikroroboter, geschrumpfte Menschen, "downsizing"... Der Film "Die phantastische Reise" schickt winzigste Menschen im U-Boot zu einer Operation in Blutbahnen.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Kunstwerken und Filmen nach wiederkehrenden Motiven. Das Kino hat früh Möglichkeiten der Miniaturmedizin erkannt.

Normalerweise macht sich die Fiktion einen Reim auf das, was es in der realen Welt schon gibt; manchmal läuft es auch andersherum. Jules Verne, der große Science-fiction-Autor des 19. Jahrhunderts, war ziemlich gut darin, sich Unvorstellbares zusammenzufantasieren - beispielsweise eine Reise zum Mond -, was ihm dann hundert Jahre später noch Nachruhm sicherte. Jules Verne hatten die Autoren Jerome Bixby und Otto Klement dann auch im Sinn, als sie sich 1965 eine Story für einen Hollywood-Film ausdachten, den sie im 19. Jahrhundert spielen lassen wollten und der von einem winzigen U-Boot handeln sollte, das man einem Menschen in die Blutbahn injizieren kann. Harry Kleiner und David Duncan schrieben dann das tatsächliche Drehbuch für Richard Fleischers Film "Die phantastische Reise", der 1966 mit Stephen Boyd und Raquel Welch gedreht wurde, die Idee mit dem 19. Jahrhundert wurde dabei über Bord geworfen.

1965 waren Großrechner tatsächlich noch sehr groß, winzige U-Boote strapazierten also tatsächlich die Fantasie. Das ist mehr als ein halbes Jahrhundert her, und nun haben Wissenschaftler etwas vorgestellt, was schon sehr nah dran ist an dem U-Boot, das in Fleischers Film ein Blutgerinnsel aus dem Weg schaffen soll, das einen übergelaufenen Tschechen umzubringen droht. Wenqi Hu heißt der Mann, der am Stuttgarter Max-Planck-Institut an einem Milli-Roboter arbeitet, ein kleines Ding aus Silikon, das bald in den Körper eines Patienten eingeschleust werden soll, um dort Medikamente gezielt zu verteilen oder gar Krebszellen zu vernichten.

Zugegeben: Es ist einstweilen noch keine Rede davon, dass dieses Winz-U-Boot eines Tages bemannt wird. Die Robotertechnik hatte Fleischers Autorenteam noch nicht im Blick. Bei ihnen wird auch das Schiff noch groß gebaut, denn es gibt eine neue Technik, die sowohl Gegenstände als auch Menschen verkleinern kann - vorsintflutliches "Downsizing" also, wie in Alexander Paynes neuem gleichnamigen Film, der gerade angelaufen ist. Fleischers Minimenschen bleiben allerdings nicht klein, das Team muss innerhalb einer Stunde das Blutgerinnsel aufspüren und zerstören, weil danach alles wieder groß wird - das wäre weder für die Mannschaft noch für den armen Tschechen gesundheitsfördernd. Nach den Gesetzen der Fiktion sind Gefahren dramatische Notwendigkeit; in der Wirklichkeit könnte man auf die meisten ganz gut verzichten.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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