Spurensuche:Verführer

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Kaugummiblasenwahlkampf: In "Bill McKay - der Kandidat" (1972) spielt Robert Redford einen Politiker auf dem Weg in den Senat.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Vom Populismus in der Politik erzählt "Bill McKay - der Kandidat" mit Robert Redford.

Es ist immer eine feine Sache, wenn ein Politiker im Wahlkampf erklärt, was er zu tun gedenkt, wenn er erst an der Macht ist - und auch sagen kann, wie er das machen will. Donald Trump, Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, will an der mexikanischen Grenze eine Mauer bauen und, das hat er diese Woche verkündet, Muslime an der Einreise in die USA hindern. Wie genau er Religionszugehörigkeiten überprüfen will, wo es dabei doch keineswegs um einen Verein mit einer ordentlich geführten Mitgliederkartei geht, ist einstweilen sein Geheimwissen. Verführung, in der Politik und anderswo, lebt für den Augenblick, nicht fürs dröge Übermorgen, wenn der Verführer festgenagelt wird auf seine werbenden Worte.

Es geht um einen solchen Mann in "Bill McKay - Der Kandidat", den Robert Redford 1972 produzierte und in dem er sich selbst in der Hauptrolle besetzte, Regie führte Michael Ritchie. Mit dem Charme dieses Bill McKay und seinem unwiderstehlichen Lächeln kann Donald Trump nicht ganz mithalten - und McKay ist ein liberaler Menschenfreund; leider ohne Plan. Die Demokraten schicken ihn im Film nur ins Rennen um einen Sitz im Senat, weil sie sich sicher sind, dass sie die Wahl ohnehin verlieren werden. Er segelt dann überraschenderweise im Höhenflug durch seine Kampagne. Er sagt Dinge, die die Menschen hören wollen, über die man aber nicht länger nachdenken sollte, weil er es selbst auch nicht getan hat. Die Arbeitslosigkeit ist ihm zu hoch, und die Armen sind ihm zu arm, und was er dazu zu sagen hat, wird zum Slogan seiner Kampagne: "Es muss einen besseren Weg geben." Weil nämlich die Zeit um ist. Irgendwann mal wird bei ihm aus Arm gegen Reich "die Jungen gegen die Armen", und er plärrt die Versatzstücke seiner Reden mechanisch im Auto vor sich her, in ein sehr komisches Blablabla hinein. Das ist aber alles sowieso nicht so wichtig. Sie liebten und sie wählten ihn. Er begeht ein paar Sünden gegen die Werte, für die er antreten wollte, aber am Ende hat er jedenfalls gewonnen. In der letzten Szene des Films zerrt er seinen Wahlkampfberater Lucas von der Siegesfeier weg in sein Hotelzimmer, Lucas drängt die Gratulanten hinaus, und McKay sitzt auf dem Bett, die Augen voller Angst, und fragt: Was sollen wir denn jetzt machen?"

Redford trug damals noch nicht das ganze Paket an Weltrettungs-Aktivismus mit sich herum, das man heute in jedem Auftritt spürt - Pate des unabhängigen Kinos, liberaler Freigeist, Klimaschützer der ersten Stunde(derzeitige Adresse: Klimagipfel in Paris); und man kann keinesfalls behaupten, er halte sich nicht an seine eigenen Predigten. Gelegentlich bloggt Redford zu Öko-Themen bei der Huffington Post, wissenschaftlich, staubtrocken und schnörkellos. McKay aber wurde nicht immer verstanden: Von Dan Quayle, Vizepräsident unter Geoge Bush sr., hieß es, Bill McKay habe ihn dazu inspiriert, Politiker zu werden.

Auch Trump hat Redford unlängst missverstanden - er hatte Redford auf Twitter für ein halbes Talkshow-Zitat gedankt, für jene Hälfte, in der Redford befand, Trump mische den langweiligen Betrieb auf. Davor hatte er allerdings schon prophezeit, aus seinem riesigen Fettnapf bekäme man Trump sowieso nicht mehr heraus.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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