Spurensuche:Guter Ruf

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Ein guter Ruf muss hart erarbeitet werden. Das gilt auch für einen schlechten - das zeigt der Film ´Gefährliche Liebschaften`, mit John Malkovich und Glenn Close.

Von Susan Vahabzadeh

Image ist alles, das war schon so, als man es noch den guten Ruf nannte - man tut sich schwer im Leben ohne ein halbwegs brauchbares Leumundszeugnis, ob man nun Autos herstellt oder einen globalen Sportverband leitet. Der gute Ruf ist aber kein Spielzeug, und einmal verloren schwer wieder herstellbar - das ist die bittere Lehre, die der Vicomte Valmont und die Marquise de Merteuil aus ihren Ränken ziehen müssen, in Stephen Frears' "Gefährliche Liebschaften" (1988) - damals schon eine alte Geschichte, der Film basiert auf einem Theaterstück von Christopher Hampton, das wiederum auf dem Roman von Choderlos de Laclos von 1782 beruht.

Für die Marquise (Glenn Close) und Valmont (John Malkovich) ist das Ränkeschmieden ein großer Spaß, sie lieben es, andere zu manipulieren, ihnen etwas vorzumachen, sich zu verstellen. Die Eröffnungssequenz, wie die beiden morgens von ihrer Dienerschaft ausstaffiert, geschminkt und gepudert und behängt werden, gehört zu Frears' Meisterstücken. Die beiden beschließen dann - sicher, dass es für sie keine Konsequenzen haben wird -, der tugendhaften Madame de Tourvel (Michelle Pfeiffer) einen Streich zu spielen: Valmont soll sie verführen. Dafür muss der dann noch kurz den Wohltäter mimen und eine arme Familie retten, ein diabolisches Schmierenstück führt er auf für Madame de Tourvel und seine Tante, auf deren Großzügigkeit er angewiesen ist. Der Coup gelingt - und gerät dann außer Kontrolle: Weil sich Madame Tourvel ganz ernstlich in Valmont verliebt, und daran zerbricht; denn sie tut nicht nur einfach tugendhaft - sie ist wirklich eine treue Seele.

Daran geht dann auch Valmont zugrunde, der sich bald nicht einmal mehr selbst ertragen kann. Das letzte, was er tut vor seinem Tod, ist genaugenommen Whistleblowing: Er bringt Briefe in Umlauf, in denen man in ihrer eigenen Handschrift nachlesen kann, was die allseits beliebte Marquise de Merteuil alles ausgeheckt hat. Aus Achtung wird dann schnell Ächtung. Die Marquise muss weiterleben, entblößt - jeder in Paris weiß nun, was sie getan hat, sie wird zur Aussätzigen. Als sie in der Oper ihre Loge betritt, buht das ganze Haus sie aus. Was aber noch schwerer wiegt, das ist, dass sie sich selbst ertragen muss: Als sie sich abschminkt, ganz am Ende des Films, sieht sie im Spiegel eine scheußliche Fratze.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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