Spurensuche:Das Klima der Zukunft

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Los Angeles im Jahr 2019: Ridley Scotts düsterer "Blade Runner" ist ein Klassiker des Schlechtwetterfilms. (Foto: Warner Bros.)

Am Montag beginnt die UN-Klimakonferenz in Paris. Aus diesem Anlass ein Blick zurück auf den Schlechtwetter-Filmklassiker "Blade Runner".

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Der Klimawandel hat sich in die Science-Fiction eingeschlichen.

Wenn das Wetter Trübsal bläst, kann das einfach nur am November liegen; es wird aber bei der UN-Klimakonferenz, die nächste Woche in Paris beginnt, eher darum gehen, was davon von Menschenhand gemacht ist. Die Vorstellung ist relativ neu, jahrtausendelang waren Dürren, Überschwemmungen, ersehnter Regen und Schnee im August Kapriolen der Natur oder jeweiliger Gottheiten, die den Menschen das Leben schwer machten oder unmöglich. Erst im Verlauf des letzten Jahrhunderts tauchte die Idee auf, der Mensch könnte selbst die Wetterkatastrophen verursachen, die ihm den Garaus machen.

Als Philip K. Dick 1968 seinen Science-Fiction-Roman "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" veröffentlichte, hatte darin ein Atomkrieg die Natur zerstört, in Ridley Scotts Verfilmung von 1982, "The Blade Runner", bleibt eher unklar, was genau mit der Welt passiert ist. Aber sie ist ganz und gar unwirtlich, und es sind ihre Bewohner, die sie dazu gemacht haben. Verwüstung kann man das nicht nennen, düstere Dauernässe hat die Dürre als größte vorstellbare Katastrophe abgelöst. Es regnet immerzu im Los Angeles des Jahres 2019. Momente verlieren sich in der Zeit wie Tränen im Regen, sagt der Replikant Roy Batty (Rutger Hauer) zu seinem Jäger, dem Blade Runner Deckard (Harrison Ford).

Die Zukunft, in der "Blade Runner" spielt, ist inzwischen fast Gegenwart, und in mancherlei Hinsicht war der Film prophetisch - Gentechnik gibt es längst. Aber nicht die Tyrell-Corporation. Der Konzern hat Replikanten erschaffen, die von Menschen kaum zu unterscheiden sind; Deckard wird losgeschickt, um ein paar von ihnen in den Ruhestand zu zwingen - sprich: zu töten.

Die Globalisierung ist längst vollzogen, im Los Angeles des Jahres 2019 leben bei Scott mehr als hundert Millionen bunt zusammengewürfelte Menschen, eingepfercht, denn eine Natur drumherum gibt es nicht mehr. Auch keine Tiere, es sei denn, sie kommen aus der Retorte. Roy Batty kommt einem absolut menschlich vor, schon deswegen, weil er in einer Welt lebt, an der nichts mehr human ist, außer Deckards Liebe zu einer Replikantin. Man kann sich, in einer Fassung, die Scott später vom "Blade Runner" geschnitten hat, nicht einmal mehr bei Deckard sicher sein, ob er nicht auch ein Replikant ist. Androiden träumen übrigens, lernt man, von Einhörnern.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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