Spurensuche:Blauäugig

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Sind so blaue Augen: Paul Newman als Ari Ben Canaan. (Foto: imago)

In Otto Premingers Film "Exodus" wird die Gründung Israels gefeiert - mit dem Pathos und den Klängen, die sonst für Bibel-Monumentalfilme reserviert waren.

Von Fritz Göttler

Die Welt verändert sich ständig, nicht aber die großen Fragen. Wir suchen in alten Kunstwerken, Filmen und Texten nach wiederkehrenden Motiven. In Otto Premingers "Exodus" wird die Gründung Israels gefeiert.

Eine Bombe in einer Kloschüssel, das ist einer der hochexplosiven Momente in Otto Premingers Film "Exodus" im Jahr 1960. Es ist der berüchtigte Anschlag auf das King David Hotel in Jerusalem, den die israelische Terrororganisation Irgun verübte, als Israel vor 70 Jahren um die Anerkennung als Staat kämpfte. "Exodus" erzählt von dieser Gründung, von den Emotionen der Juden, Araber und Briten, von politischem Kalkül, Gefühlen und Gewalt. Eine Feier des Zionismus, zelebriert mit dem Pathos und den musikalischen Klängen, die sonst für Bibel-Monumentalfilme reserviert waren. Inszeniert als Heldenstück, an Originalschauplätzen gedreht und, wie es sich gehört, mit allen Tricks der Filmemacher.

Die treibende Kraft ist Ari Ben Canaan, ein Hauptmann der jüdischen Brigade der britischen Armee, hoch dekoriert im Zweiten Weltkrieg. Seinen strahlend blauen Augen ist kaum zu widerstehen, er wird verkörpert von Paul Newman.

Ari versammelt 611 jüdische Flüchtlinge und Nazi-Opfer auf einem maroden Dampfer im Hafen von Famagusta auf Zypern und erzwingt die Abfahrt gegen die Anordnungen der britischen Mandatsmacht. Er brennt für Israel, aber er muss zwischen den verschiedenen Parteien und Organisationen vermitteln. Und Ari verliebt sich in die blonde Britin Eva Marie Saint (die gerade für Hitchcock "Der unsichtbare Dritte" gedreht hatte).

Ein Blockbuster, schrieb damals die New York Times, schon deshalb, weil der zugrunde liegende Roman von Leon Uris von Millionen Lesern verschlungen worden war. Preminger hatte sich, nach ungemein erfolgreicher Regie- und Produzentenarbeit in den Fünfzigern, entschlossen, nur noch große Spektakel zu stemmen. Und die größte Geschichte damals schien eben die Gründung des Staates Israel zu sein. Der Film zeigt die Beziehung des Westens, vor allem Amerikas zu Israel als Fest der Freundschaft, voller Bewunderung und Enthusiasmus. Lange her. "The Birth of a Nation", hieß es in einer Kritik, damit wurden das Ereignis und der Film - das müsste Trump und Netanjahu prächtig in den Ohren klingen - parallel gesetzt zur anderen großen Staatengeburt der Neuzeit, jener der Vereinigten Staaten, filmisch im ganz großen Stil rekonstruiert von David W. Griffith.

"Exodus" ist die Geschichte einer Rebellion, eines Aufstandes, einer Selbstfindung, alles ganz große, ursprüngliche filmische Sujets. Wollen Sie sich wirklich mit dem gesamten britischen Empire anlegen, wird Ari skeptisch von der Geliebten gefragt. Ja, er will.

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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