Schauplatz Madrid:Kochen mit Pedro Almodóvar

Lesezeit: 1 min

Der Regisseur wird - nicht nur in Spanien - für seine Provokationen verehrt. Doch in seiner ersten Ausstellung zeigt er Fotos von Küchengeräten. Die Spanier sind alarmiert. Ist er spießig geworden?

Von Thomas Urban

Ob Pedro Almodóvar nun endlich seine innere Ruhe gefunden habe, fragen die einen mitfühlend. Ob er zum kleinbürgerlichen Langweiler geworden sei, fragen die anderen besorgt. Der spanische Oscar-Gewinner, berüchtigt, aber auch geliebt als Enfant terrible, beschäftigt wieder einmal die Madrider Kulturpresse. Er hat unbekanntes Terrain betreten: In dieser Woche hat die erste Ausstellung mit Fotos von ihm eröffnet, in der Galerie Fresh, nur wenige Schritte vom Retiro-Park entfernt. Sie trägt den schlichten Titel "Bodegones" (Stillleben).

Fast alle Bilder sind in der Küche des 68-Jährigen entstanden, der ein bekennender Gourmet ist. Doch um Speis und Trank ist ihm weniger in seinen Aufnahmen zu tun, sondern vielmehr um die Gerätschaften sowie darum, diese herzustellen und aufzubewahren. Flaschen, Tassen, Schüsseln, Pfeffermörser, ab und an Obst in der Tradition der alten Meister. Doch alles ist sehr sparsam und kühl inszeniert, meist vor einer hellen Wand, mit durchaus kraftvollen Farben und einem prägnanten Spiel von Licht und Schatten.

Nicht die Spur provokativ oder skandalös, so als wolle der weiß gewordene Regisseur sich von seinem einst lautstark verkündeten Lebensmotto verabschieden: "Zu der Welt der Sünde und der Entartung gehöre auch ich." Und nicht nur das: Almodóvar, der sich jahrzehntelang an seiner harten Schulzeit bei bigotten Ordensgeistlichen abgearbeitet hat, lässt den Erlös vom Verkauf der Fotos einem katholischen Priester zukommen: Pater Ángel García Rodríguez. Allerdings ist Pater Ángel, der in Spanien ein Medienstar ist, ein ganz außergewöhnlicher Vertreter der Kirche. Er hat die private Caritas-Organisation "Botschafter des Friedens" gegründet. Zu seinen Projekten gehören die "Robin Hood"-Restaurants für Arbeits- und Wohnungslose, die versuchen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Pater Ángel und Almodóvar sind sich einig, dass gepflegtes Essen das Selbstbewusstsein der Menschen stärkt, und lassen sich Arm in Arm fotografieren.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: