Schauplatz Berlin:Attacken und Polizeibericht

Lesezeit: 2 min

Nicht alle Gewalttaten in Berlin sind rassistisch motiviert, manchmal genügt schon ein normaler Raub, um eine Farbe aus der Stadt verschwinden zu lassen. Das Verhältnis der Grünen zur Polizei aber bleibt gespannt.

Von Gustav Seibt

Am vergangenen Wochenende wurde mitten im verbürgerlichten Prenzlauer Berg ein siebzehnjähriger deutscher Jugendlicher mit dunkler Hautfarbe - sein Vater ist Afrikaner - beschimpft und bewusstlos geschlagen. Er kam mit Knochenbrüchen in ein Krankenhaus. Die verzweifelte Mutter wandte sich in einem Blog an die Öffentlichkeit, um die Fahndung nach den vier Tätern anzuschieben. "Ich bin kein Politiker, ich bin nur eine sehr besorgte Mutter", schrieb sie, "die mit Grauen beobachtet, wie die rassistisch motivierte Gewalt in unserer Stadt, ja soweit ich das sehen kann, in unserem Land zunimmt." Jedes ihrer Kinder sei schon als "Neger" oder "dreckig" beschimpft worden.

Nicht alle Gewalttaten in Berlin sind rassistisch, manchmal genügt normaler Raub, um eine Farbe aus der Stadt verschwinden zu lassen. Im Schöneberger Schwulenkiez machte soeben eine Bar zu, weil die Gäste wegen der vielen Übergriffe aus der Umgebung ausblieben. Diese waren nach Aussage des Wirts, der sich den Namen "Herrin de luxe" zugelegt hat, nicht schwulenfeindlich, sondern banale Beschaffungskriminalität.

Und dann war das Foyer voller Uniformierter. Was sollte das?

Da es jetzt kalt wird, verlagert sich der Kreuzberger Drogenhandel vom Görlitzer Park wieder vermehrt ans Kottbusser Tor. Die Grünen vor Ort entdecken die Nützlichkeit von Polizeipräsenz, wie sie von den Anwohnern und den Gewerbetreibenden am "Kotti" flehentlich gefordert wird. Einige dieser Geschäftsleute heuern private Wachdienste an. Die Menschen dort sind großenteils türkischer oder kurdischer Abstammung, gehören also durchaus zu den Gruppen, für die die Grünen eine besondere Verantwortung fühlen.

Aber das Verhältnis der Grünen zur Polizei bleibt gespannt. Gerade wurde bekannt, dass Hans Panhoff, der bisherige Baustadtrat von Kreuzberg, für eine Wiederwahl nicht zur Verfügung steht, weil ihm der Rückhalt der Fraktion fehle. Diese hatte 2014 Panhoffs Versuch, die von Flüchtlingen besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule durch die Polizei räumen zu lassen, nicht unterstützt. Hätte Panhoff sich durchgesetzt, wären dem Bezirk viele Hunderttausende Euro Kosten und zahlreiche Gewalttaten unter den Flüchtlingen erspart geblieben.

Immerhin hat die Kreuzberger Bezirksversammlung mittlerweile eine Vorsteherin. Wegen ihrer erratischen Versammlungsleitung während tumultuöser Sitzungen zur Gerhart-Hauptmann-Schule war die Grüne Kristine Jaath zweimal von der SPD und den Linken abgelehnt worden. Die Kritik sei angekommen, sagte Jaath und wurde dann doch bestätigt. Die damaligen Sitzungen - wir können sagen, wir sind dabei gewesen - zeigten eine starke Ähnlichkeit mit dem Reichstag des Jahres 1932, mit dem Unterschied, dass in Kreuzberg auch noch die Galerie mitspielte.

Auch auf Landesebene hatten die Grünen ihre Not mit dem Personal. Die unterschiedlichen Anforderungsprofile - kein Realo, dafür eine Frau - sprachen gegen Jens-Holger Kirchner, einen der bodenständigsten und populärsten Grünen als Verkehrssenator, da ein Mann vom linken Flügel, Dirk Behrendt, als Justizsenator schon gesetzt war. Behrendt ist ein vitaler Selbstdarsteller, der selten eine Gelegenheit zur Attacke auslässt. Als er das Foyer des Abgeordnetenhauses voller Polizisten fand, twitterte er ein Bild mit der Frage: "Komme ich zur Plenarsitzung, ist das Foyer voll mit Uniformierten. Was soll das, Herr Präsident?"

Die Uniformierten waren allerdings nicht wegen Dirk Behrendt gekommen, sondern es waren Polizeischüler, denen im Rahmen ihrer Ausbildung die Gelegenheit geboten wurde, einer Parlamentssitzung beizuwohnen.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: