Schäftlarn:Ergreifend

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Franz Vitzthum in der Klosterkirche Schäftlarn

Von Klaus Kalchschmid, Schäftlarn

Es war das Natur gewordene Bild für "Dort werd' ich schauen süßen Frieden, stille Ruh'" aus Bachs Kantate "Ich habe genung" - so die alte Schreibweise: das zauberhafte Paradies-Gärtlein mit Brunnen neben der Schäftlarner Klosterkirche voll violett strahlender Lavendelsträucher, umkränzt von verschiedenfarbigsten Rosen. Countertenor Franz Vitzthum hatte die jenseitssüchtige Verheißung in der barocken Kirche eben engelsgleich fein und beinahe körperlos schwebend gesungen.

Diese sterbensfrohe Solo-Kantate BWV 82 zelebriert in drei Arien so schön die barocke Lust an Tod und Jenseits, dass man in vielerlei Hinsicht ergriffen wird. Bevor es voller Emphase und Tempo heißt: "Ich freue mich auf meinen Tod!", fallen in einem zauberhaften Wiegenlied die matten Augen in tiefen Schlummer. Hier träumte Vitzthum sich selig zart in den Schlaf; ihm zur Seite die singende Oboe von Ulrich Becker und das Orchester der Schäftlarner Konzerte unter Michael Forster.

Mozarts extrovertiert lebenssprühendes Divertimento D-Dur KV 251 mit obligater Oboe war danach der rechte Kontrast: Die sechs musikalisch reichen Sätze zeigen Mozarts Fantasie, wie sie sich uneingeschränkt von den Formprinzipien einer klassischen Symphonie austoben konnte. Forster genoss am Pult des Orchesters, das vor allem aus Musikern der großen Münchner Klangkörper besteht, diese Freiheit sichtlich. Und es war hörbar, dass trotz gefährlich weit ausschwingenden Halls alle Instrumentalisten erfolgreich um ein ebenso luzides wie lebendiges Klangbild bemüht waren.

Begonnen hatte der Abend mit Anton Weberns "Langsamem Satz" für Streichquartett aus dem Jahr 1905 in der Version für Streichorchester. Noch mehr als das Original markiert sie die Grenze zwischen (Spät-)Romantik und Moderne in harmonisch schillernder Intensität, hier ebenso farbig wie homogen und leidenschaftlich musiziert.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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