Keiner hielt das "Dich" in der Schmerzensarie aus Johann Sebastian Bachs "Matthäuspassion" so lange wie Hertha Töpper. Als müsse man dem Herrgott die Barmherzigkeit mit Gewalt, oder doch einer profunden Sturheit, abringen. Dabei war die Musik Bachs gar nicht ihr eigentliches Spielfeld, aber der Dirigent Karl Richter wollte sie gerade bei den Passionen dabei haben, die man in den Fünfziger- und Sechzigerjahren wie konzertante Opern aufführte. Dafür war Hertha Töpper die geeignete Mezzosopranistin, die mühelos auch Altpartien beherrschte, ohne sie fachtypisch einzudunkeln. In ihrer Stimme lag immer etwas heimlich Strahlendes und eine stille, aber auch trotzige Melancholie, wie sie der Gefühlslage im Nachkriegsdeutschland entsprach. Die Tochter eines Geigenlehrers, die am heimatlichen Grazer Konservatorium Gesang studiert hatte, kam 1951 nach Deutschland: Man hatte sie für den ersten Nachkriegs-Ring in Bayreuth engagiert. Auch wenn sie dort nur als Floßhilde zu hören war, so war dieser Auftritt für sie selber tiefste Befriedigung. Sie habe keinerlei Neid auf die größeren Rollen verspürt, sagte sie später. Ihre glamouröse Paraderolle aber war neben vielen anderen Rollen etwa als Dorabella, Fricka, Brangäne, Judith und Carmen der Octavian im "Rosenkavalier" von Richard Strauss, jener wehmütig rückwärtsblickenden Liebeserklärung an ein untergegangenes Reich großer Gefühle - sie konnte die Rolle in der ihr gebotenen Strenge wirkungsmächtig aussingen. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks ist Hertha Töpper nun 95-jährig gestorben.
Sängerin:Hertha Töpper
In ihrer Stimme lag etwas heimlich Strahlendes und eine trotzige Melancholie: Die Kammersängerin und Altistin Hertha Töpper ist 95-jährig gestorben. Ihre Paraderolle war der Octavian im "Rosenkavalier".
Von Helmut Mauró