Restitution:Heimkehr des Aboriginekönigs

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Museum Fünf Kontinente gibt mumifizierten Leichnam zurück

"Restitution" ist ein kaltes Wort für eine oftmals hoch emotionale Angelegenheit. Besonders bewegend war die Rückgabe, die am Dienstag im Museum Fünf Kontinente stattfand. Vertreter der Aborigine-Gemeinschaft Gimuy Walubara Yidindji haben den mumifizierten Leichnam eines ihrer Vorfahren abgeholt, um ihn nach Australien zu bringen und dort würdig zu bestatten. Seine sterblichen Überreste befanden sich seit 1889 in dem Museum, das heute dem Freistaat Bayern gehört. Gudju Gudju Fourmile, der Älteste der Gemeinschaft sagte, es sei ein Moment der Trauer, aber auch des Glücks.

Nach München gelangt war der Leichnam, den die Fachwelt als Yidinji Ancestral King bezeichnet, 1889 durch Max Buchner, den damaligen Direktor der Königlichen Ethnographischen Sammlung, der Vorläuferin des heutigen Museums Fünf Kontinente. Die Provenienz des Leichnams konnte laut Bayerns Kunstminister Bernd Sibler nahezu lückenlos geklärt werden. Der Yidinji Ancestral King wurde 1876 von einer Forschungsexpedition, an der der deutsche Geschäftsmann Leopold Sachs beteiligt war, im Gebiet des heutigen Queensland aufgefunden. Dabei sei vermutlich die Bestattungszeremonie der indigenen Gemeinschaft, der der Verstorbene zu Lebzeiten angehörte, gestört worden. Die Expedition hat den Leichnam an sich genommen, und Leopold Sachs brachte ihn nach Sydney, "wohl mit dem Ziel, durch den Verkauf der sterblichen Überreste die Kosten der Expedition zu refinanzieren", so gibt das Ministerium die Recherchen der Forscher wieder. Die Bemühungen, den Yidinji Ancestral King über den Mittelsmann Ludwig Bruck zu verkaufen, blieben erfolglos. In der Folge übergab Bruck den Leichnam dem Direktor der Königlichen Sammlung Buchner. Das Inventarbuch des Museums registriert die Ankunft des Yidinji in München im Laufe des Jahres 1889. Bis 1922 finden sich in Sammlungsführern Hinweise darauf, dass der Leichnam ausgestellt war. Nach Umzug des Museums in die Maximilianstraße im Jahr 1926 gibt es keine Belege mehr dafür, dass der Yidinji Ancestral King noch gezeigt worden ist.

Gudju Gudju Fourmile nutzte die Rückgabe für eine politische Stellungnahme. Laut dpa beklagte er, der koloniale Blick auf die Aborigines sei bis heute vorhanden. München ist die erste Station seiner Reise. Die Gruppe um ihn, zu der auch Vertreter der Yawuru gehören, will in den kommenden Tagen die Überreste von 52 weiteren Vorfahren in Empfang nehmen. Sie befanden sich seit vielen Jahrzehnten im Linden-Museum in Stuttgart, in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie in den Beständen der Universitäten Freiburg und Halle.

© SZ vom 10.04.2019 / her - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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