Residenztheater:Pause ist nicht

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Der Stein der Leisen: Die dreiköpfigen Graugnome, die genauso erschreckend wie unbeholfen sind, schleichen sich an Ronja (Paula Hans) heran, die ausnahmsweise einmal ein Schläfchen hält. (Foto: Adrienne Meister)

Daniela Kranz inszeniert Astrid Lindgrens "Ronja Räubertochter" als sehr rasches Bilderabenteuer

Von Yvonne Poppek

Dieses Kind muss an die frische Luft. Es springt und springt und springt, hart an der Grenze zur Hyperaktivität. Schon in der ersten Minute ihres Auftritts ist Paula Hans für ihre Energie zu bewundern, die sie in den folgenden eineinhalb Stunden als Ronja Räubertochter im Residenztheater aufrecht erhält. Sie läuft, hüpft, kriecht, klettert, singt, lacht, leidet, jubelt - zum Glück nach draußen in den Bühnenwald entlassen - und ist schlichtweg dieses neugierige, wilde, zehnjährige Mädchen mit dem großen Herzen, mit dem Astrid Lindgren seit 1981 ihre Leser berührt.

Daniela Kranz hat den Kinderbuchklassiker in der Bearbeitung von Barbara Hass am Residenztheater inszeniert und setzt dabei auf wunderbare Bilder, Rocksongs und Elektrobeats (Musik: Polly Lapkovskaja und Nicholas McCarthy) - und einen hastigen Durchlauf durch den Roman. Die Bühne ist zunächst die Mattisburg, ein bisschen Gemäuer und Wand, die sich dann zum Wald hin öffnet. Viva Schudt, die für die romantisierende Bühne und fantasiereichen Kostüme verantwortlich zeichnet, lässt den Wald aus dem Bühnenhimmel wachsen, dazu ein paar Felsen - und Ronjas Welt ist perfekt.

In diesem Wald begegnet Ronja dem gleichaltrigen Birk, den Niklas Mitteregger clever zwischen Prahlhans und Sensibelchen changieren lässt. Ronja und Birk können nur heimlich befreundet sein, da ihre Väter Mattis (ein zurückhaltend polternder Thomas Huber) und Borka (Thomas Reisinger) konkurrierende Räuberbanden anführen, die sich naturgemäß nicht ausstehen können. Der Konflikt ist absehbar: Die Kinder überwerfen sich mit den Vätern und ziehen in den Wald.

Der Wald ist das Reich unheimlicher Wesen, für die Kranz und Schudt Gestalten auf die Bühne holen, die großartig sind: die mehrköpfigen, unbeholfenen Graugnome; die unheimliche, breit gefiederte Wilddrude, die tollpatschigen, puppengesichtigen Rumpelwichte. Der Wald ist allerdings auch der Ort, in dem Ronja einen Sommer lang ihre Unabhängigkeit erfährt, in dem sie heranreift, wilde Überlebenskämpfe führt und doch an der Zerrissenheit zwischen ihrem Freund und ihrem Vater beinahe zerbricht. Um diese Entwicklung zu erahnen, lässt die Inszenierung sich indes zu wenig Zeit, Ronja stürzt quasi von einer Situation in die andere, so dass der Sommer, den sie mit Birk im Freien verlebt, zu einem kurzen Tagesausflug mit Zelt schrumpft.

Kranz scheint das ganze Kinderbuch auf die Bühne holen zu wollen und so gerät manches zu kurz, baut sich keine Spannung auf, die einem die Figuren näher bringt: Kaum wird Ronja von den Graugnomen bedrängt, werden sie von Mattis vertrieben. Kaum ist Ronja von daheim abgehauen, kehrt sie zurück. Kaum stirbt der geliebte Glatzen-Per, umarmen sich alle - und schon stürzt Ronja wieder hinaus in den Frühling. Letztlich ist die Inszenierung wie Paula Hans' Ronja: Sie springt und springt und springt. Atemlos, aber sehr lebendig.

Ronja Räubertochter , ab 6 Jahren, weitere Aufführungen: Sonntag und Montag, 24. und 25. November, Residenztheater, Max-Joseph-Platz 1

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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